Ridge Racer Unbounded

Ridge Racer Unbounded (PS3)

(Namco Bandai)

geschrieben von Oliver Salten

 

     
 

Wenn der Name "Ridge Racer" bei Rennspielfans fällt, werden Erinnerungen wach. Das liegt nicht nur daran, dass diese Franchise, dessen erster Titel 1993 erschienen ist, eines der ältesten noch existierenden auf dem schnelllebigen Markt für Arcade-Racer ist, sondern auch, weil Spiele wie das originale "Ridge Racer" oder "Ridge Racer Type 4" von 1999 Maßstäbe setzen konnten. Nach einigen eher weniger gelungenen Ausgaben hat man für die großen Konsolen geschlagene fünf Jahre auf das Erscheinen von "Ridge Racer Unbounded" warten müssen. Publisher Namco Bandai hat sich mit Bugbear Entertainment einen versierten Entwickler ins Boot geholt, der unter anderem für die ersten beiden Spiele der "Flatout"-Reihe verantwortlich zeichnet.

(K)ein echter "Ridge Racer"?

Um es gleich vorwegzusagen, eingeschworene Fans der originalen "Ridge Racer"-Reihe werden mit diesem Titel sicherlich ihre Schwierigkeiten haben. Der Schwerpunkt wurde nämlich verlagert, weg vom traditionellen Rundkursrennen und wilden Drifts, hin zu einer Geschwindigkeits- und Zerstörungsorgie. Das Ganze spielt sich in der fiktiven Stadt Shatter Bay ab. Der Spieler hat sich einer Bande von Rasern angeschlossen, die sich selbst die "Unbounded" nennen, und versucht sich nun in ihren Rängen hochzuarbeiten. Die Story ist allerdings nicht mehr als ein Torso, auf den man auch gerne hätte verzichten dürfen, da der Faden kaum aufgenommen und weiter entwickelt wird. Wer auf eine ausgefeilte Hintergrundgeschichte steht, wird also enttäuscht sein.

Insgesamt neun Bezirke mit jeweils sieben Events warten in Shatter Bay darauf, erkundet zu werden. Dabei werden neue Bezirke erst freigegeben, wenn der Spieler eine gewisse Anzahl von Events dominiert, indem er dort einen der ersten drei Plätze belegt oder bestimmte Vorgaben absolviert hat. Diese teilen sich in fünf unterschiedliche Spieltypen auf. Den größten Anteil daran nimmt sicherlich das Dominationsrennen ein. Hier muss man sich gegen bis zu zwölf Konkurrenten durchsetzen. Wichtig ist am Ende vor allem die erreichte Punktzahl, die über den Rang des Spielers bestimmt, wodurch neue Wagen und Elemente für den Editor freigeschaltet werden können. Sie berechnet sich aus der erfahrenen Platzierung und einigen weiteren Faktoren. Dazu zählen erhaltene Belohnungen, etwa für gute Drifts, Flugeinlagen oder abgeschossene Gegner. Derjenige, der möglichst viele Punkte herausholen will, kommt aber nicht darum herum, auch die Umgebung in Schutt und Asche zu legen. Durch Drifts oder die Zerstörung kleinerer Objekte wie kleinere Mauern oder Absperrungen bei hoher Geschwindigkeit füllt sich eine Power-Anzeige. Leuchtet sie rot, kann man sie durch Drücken einer Taste aktivieren und erhält damit eine Art Turbo-Boost, durch den man andere Rennfahrer aus dem Weg räumen oder bestimmte markierte Wände und Objekte durchbrechen und so nicht nur Punkte sammeln, sondern auch die eine oder andere Abkürzung herstellen kann. Vor allem die relativ große Anzahl zerstörbarer Gegenstände, vom Laternenpfahl oder Baum bis hin zu ganzen Bürogebäuden, Hotels oder mit Sprengstoff beladenen LKWs, ist bemerkenswert.

Wer es lieber klassisch mag, darf sich auf das Shindo-Racing freuen. Hier geht um klassische Arcade-Rennen ohne wildes Durchbrechen von Mauern. Beim Drift-Angriff sagt schon der Name, dass es hier darum geht, möglichst gut durch die Kurven zu gleiten. Im Rahmen der Zeitprüfung absolviert man eine Art Stuntkurs mit allerlei Sprungschanzen, hochgezogenen Kurven und Hindernissen in einer vorgegebenen Zeit, wobei dem Spieler manchmal auch Polizisten das Leben schwer machen. Wichtig ist dabei, blau leuchtende Elemente einzusammeln, da diese die Zeit kurz anhalten. Schließlich gibt es noch den Vernichtungsangriff, bei dem es ganz einfach darum geht, in möglichst kurzer Zeit so viele Gegner wie möglich zu Schrott zu fahren.

Mit der Einführung der Dominationsrennen hat sich Bugbear Entertainment sicherlich sehr stark vom klassischen "Ridge Racer"-Profil entfernt. Derjenige, der sich allerdings auf das veränderte Setting einlässt, findet ein Spiel vor, das durchaus Spaß macht. Das gilt besonders für die Zeitprüfung. Die Schwerpunktlegung auf die Dominationsrennen geht aber leider zulasten der Vielseitigkeit, da das Spielprinzip sich nicht verändert. Immerhin wurden mit dem Shindo-Racing und dem Drift-Angriff Elemente beibehalten, die auch den Klassik-Fans Freude bereiten dürften. Der Vernichtungsangriff ist etwas eintönig ausgefallen und wirkt schon bald ziemlich stupide. Hinzu kommt jedoch, dass der Schwierigkeitsgrad relativ hoch ist, so dass vor allem erfahrene Rennspieler ihre Freude daran haben dürften.

In den Straßen von Shatter Bay

So vielseitig die Spielvarianten aber auch sein mögen, das Wichtigste bleiben natürlich die Autos. Prinzipiell ist man der "Ridge Racer"-Linie treu geblieben und hat auf lizensierte Wagen verzichtet und stattdessen lieber selbst welche entworfen. Was dabei herausgekommen ist, kann sich durchaus sehen lassen, auch wenn man doch oft das reale Vorbild dahinter erkennen kann, das für den Neuentwurf Pate gestanden hat. Eigene Tuningoptionen gibt es aber nicht und auch die zur Verfügung stehenden Lackierungen sind ziemlich mager und können nicht individualisiert werden. Die Wagen teilen sich in drei Klassen auf: Straße, Rennen und Super. Hinzu kommen ein LKW und ein Polizeiwagen, die aber nur für die Zeitprüfung und den Vernichtungsangriff verwendet werden. Die Wagen unterscheiden sich durch fünf Merkmale, nämlich Tempo, Beschleunigung, Handling, Robustheit und Driftvermögen. Die Unterschiede sind im Rahmen der Fahrphysik durchaus spürbar, so hält ein amerikanischer Pick-Up sehr viel mehr aus als ein italienisch anmutender Sportwagen, während Letzterer bedeutend besser durch die Kurve gleiten kann. Für das Shindo-Racing und den Drift-Angriff sind eigene Typen konzipiert worden, die vor allem die Bereiche Höchstgeschwindigkeit oder Driftfähigkeit bedienen.

Fahrerisch reagieren die Wagen leider etwas träge. Insbesondere den Sportwagen fehlt es etwas an der eigentlich so typischen Spritzigkeit. Auch beim Driften ist die Fahrphysik nicht so ausgereift, wie man es sich wünschen würde. Ungewohnt ist, dass das Driften mit einem Tastendruck ausgelöst werden kann, hinzu kommt, dass die Wagen dazu neigen, auszubrechen. Insgesamt wirkt dieses System ziemlich fummelig und will nicht recht zu einem Arcade-Racer passen. Die KI ist manchmal etwas ruppig, hinzu kommt ein gewisser Gummiband-Effekt. Auch auf eine Übersichtskarte wurde leider komplett verzichtet. Das ist vor allem deswegen ärgerlich, da man im Powermodus heranrasende Gegner nur durch einen orangenen Lichtschein bemerkt. Auf einer Karte könnte man sich besser darauf einstellen, ohne dass man sich in engen Gassen oder scharfen Kurven erst umblicken muss.

Wir basteln uns eine Stadt

Eines der herausragenden Elemente von "Ridge Racer Unbounded" dass war schon vor Veröffentlichung klar - ist der Editor, der bei Rennspielen bislang seinesgleichen sucht. Das ganze System beruht auf einem Baukastenprinzip. Auf einer 8x8 Felder großen Grundfläche kann man bis zu 64 quadratische Elemente platzieren. Diese sind unterteilt in die einzelnen Bezirke von Shatter Bay, die jeweils ihre eigenen Umgebungscharakteristika haben, seien es Wohn- und Geschäftshäuser, Hafenanlagen oder Vergnügungsviertel. Zum Bau einer eigenen Strecke sind jede Menge Geraden, Kurven, Tunnelelemente und Highways mit Auf- und Abfahrten enthalten. Jede Stadt erhält somit ihr eigenes Gesicht, wobei natürlich Wiederholungen im Straßenbild bei mehrmaliger Verwendung desselben Elements vorkommen können, wie man es verschiedentlich auch schon im Storymodus bemerken kann. An Bedienerfreundlichkeit ist dieser Editor aber kaum zu überbieten, zumal im erweiterten Modus auch Dinge wie parkende Autos oder Laternenpfähle entfernt sowie zerstörbare wie unzerstörbare Objekte, Sprungschanzen oder Hindernisse frei hinzugefügt werden können. Fast alles ist also veränderbar und kann nach eigenem Geschmack angepasst werden. Gleiches gilt auch für die Rennbedingungen: Modus, Rundenzahl, Tageszeit, Anzahl der Gegner, sämtliche Einstellungen sind variierbar und lassen jedes selbst erstellte Event einzigartig werden.

Die eigenen Städte, die bis zu fünf Bezirke umfassen dürfen, können nach Abschluss auf die "Ridge Racer"-Server hochgeladen werden, wo sie dann anderen Spielern zur Verfügung stehen, die sich mit den Zeiten der Erbauer messen können. Neben diesem Online-Einzelspielermodus gibt es natürlich auch einiges für den Multiplayer. Hier kann man in einer der vorgegebenen Umgebungen, in einer von jemand anderen Spieler erstellten Stadt oder in einem Einladungsspiel mit Freunden antreten. An Abwechslung dürfte es also nicht mangeln. Sehr ärgerlich ist hingegen, dass nicht an einen Offlinemehrspielermodus gedacht wurde.

Sound und Grafik

Von der Geräuschkulisse bietet "Ridge Racer Unbounded" genau das, was man sich von einem echten Rennspiel wünscht. Die Motoren dröhnen satt und durchdringend und bieten eine tolle Geräuschkulisse. Auch die Explosionen und zusammenbrechenden Mauern sind akustisch gut getroffen worden. Die Hintergrundmusik ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man nicht gerade auf Techno steht, aber das ist halt "Ridge Racer". Wer rockige Sounds mag, muss auf andere Racer zurückgreifen.

Im Bereich der Grafik merkt man sehr schnell, dass viel mit Lichteffekten und Farbe gearbeitet wurde. Das macht die Umgebungen sehr ansehnlich, zumal auch darauf geachtet wurde, dass die Fassaden plastisch und nicht zu flächig wirken. Besonders schön sind die vielen kleinen Details, angefangen bei den Plakaten und den Schaufenstern bis hin zu Schmuckornamenten an den Häusern. Man hat sich wirklich Mühe gegeben und mit viel Phantasie sehr hübsche Umgebungen gestaltet. Einziges Manko ist der manchmal etwas abrupte Licht-Schatten-Wechsel, der zum Teil zu krass ausfällt und die Sicht behindert.

Fazit

Licht und Schatten wechseln sich bei "Ridge Racer Unbounded" ab. Positiv zu vermerken sind die verschiedenen Spielkonzepte, etwa das Dominationsrennen oder die Zeitprüfung, der Online-Multiplayer sowie der tolle Sound und die ansprechende Grafik. Herausragend ist der Editor, der es dem Spieler auf einfache Weise ermöglich, eigene Strecken zu kreieren. Leider trübt sich der Gesamteindruck durch die äußerst schwache Story, des fehlenden Offline-Mehrspielermodus und die nicht immer astreine Fahrphysik ein. Dennoch, wer einen soliden Arcade-Racer mit ansprechendem Schwierigkeitsgrad und der Möglichkeit zur Gestaltung eigener Strecken sucht, dürfte hier gut bedient sein.

(23.04.2012)

Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded
Ridge Racer Unbounded