Universe at War - Angriffsziel Erde

Universe at War - Angriffsziel Erde

(Sega)

geschrieben von Sebastian E.R. Hör

 

 
Entwickler: Petroglyph
Publisher: Sega
Genre: Echtzeitstrategie
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Universe at War
Preis: 46,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Dass Außerirdische sich immer wieder mal die Erde unter den Nagel reißen wollen, ist nichts Neues mehr. Von "Halo" über "Homeworld" bis hin zur eher humoristischen Verarbeitung des Themas in "Serious Sam" gibt es zahlreiche Spiele, deren Handlung etwa so vorhersehbar ist wie der Schluss: Aliens greifen an, die Menschen wehren sich erbittert und kurz vor der endgültigen Auslöschung gelingt die Wende. Die Entwickler bei Petroglyph sind einen anderen Weg gegangen und haben sich um ein wenig mehr Realismus bemüht: Die Menschheit steht der erdrückenden technologischen und zahlenmäßigen Übermacht der Angreifer wehr- und chancenlos gegenüber, ihre Auslöschung ist beschlossene Sache, bis eine andere Alienrasse auf der Bildfläche erscheint und die Menschen im Kampf gegen das Böse unterstützt.

Von kryptischen Benennungen und anderen Irrtümern

Bevor Sie sich an die Rettung der Erde machen, werden Sie vermutlich zuerst das Tutorial spielen wollen, um sich an die Steuerung der drei Fraktionen zu gewöhnen (vier, wenn man die Menschen mitzählt, die aber nur in der Einleitung als spielbare Partei in Erscheinung treten). Allein, es gibt kein spielbares Tutorial, wie man das von den anderen Genrevertretern gewohnt ist. Außer einem "interaktiven Training", das Ihnen nur beibringt, was Sie - sollten sie zuvor bereits irgendein anderes Echtzeitstrategiespiel gespielt haben - sowieso schon wissen, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, in der Beobachterrolle über die Fähigkeiten und Besonderheiten der drei Rassen Novus, Hierarchie und Masari informiert zu werden. Selbst Hand anlegen dürfen Sie also nicht; in gewisser Weise fungieren die ersten Missionen der Kampagnen als Tutorial. Warum die Entwickler sich für einen solch widersinnigen Aufbau entschieden haben, bleibt ihr Geheimnis. Wer sich im RTS-Genre ein wenig auskennt, kann sich das also sparen.

Apropos Widersinnigkeiten: Schon im Anfangsmenü fühlt man sich leicht in die Irre geführt. Während die Genrekonkurrenten allesamt über eine nachvollziehbare Benennung der einzelnen Menüpunkte verfügen, gibt sie bei "Universe at War" Rätsel auf: "Einführung" oder "Guide" - welcher davon beinhaltet das Tutorial? Es ist ersterer Punkt, hinter zweitem verbirgt sich das Spielerprofil. Logisch, nicht wahr?

Gefechtsmodalitäten

Es gibt insgesamt vier verschiedene Modi, in denen Sie "Universe at War" spielen können: Die Kampagne, ein Einzelgefecht, Szenarien und der Mehrspielermodus. Was ein Einzelgefecht ist, werden Sie sich vermutlich denken können. Die Szenarien, vier an der Zahl, beinhalten den "Globalen Modus". Er ähnelt in seinem Aufbau stark dem von "Empire Earth III": Die Fraktion Ihrer Wahl kontrolliert, ebenso wie die beiden anderen Parteien, mehrere Gebiete der Erde. In ihnen können Sie verschiedene Einheiten produzieren, Basen aufbauen und Armeen zusammenstellen, die Sie dann mit einem Rechtsklick in angrenzende Territorien einmarschieren lassen. Ist das Gebiet noch nicht von einer anderen Macht besetzt, geht es automatisch in Ihren Besitz über - das war in "Empire Earth III" anders, da Sie sich mit den verschiedenen Eingeborenenvölkern auseinandersetzen mussten. Die Menschen spielen im Globalen Modus dagegen gar keine Rolle. Sollten Sie ein bereits besetztes Territorium angreifen oder selbst attackiert werden, wechselt das Spiel in den Schlachtmodus, in dem Sie Ihre Armee direkt kommandieren können. Die Möglichkeit, das Gefecht von der KI berechnen zu lassen, gibt es übrigens nicht, Sie müssen also bei jedem Kampf selbst eingreifen.

Der Kampagnenmodus ist, wie man so schön (und mittlerweile reichlich abgedroschen) sagt, das "Herzstück" von "Universe at War". Er gliedert sich in vier Abschnitte, nämlich die Einführung, die Sie auf der Seite der Menschen absolvieren, dann die Kampagne der Novus, gefolgt von der der Hierarchie und zuletzt die der Masari. Da die vier Feldzüge aufeinander aufbauen, müssen sie hintereinander absolviert werden, wobei Sie die Einleitung überspringen können. Das ist allerdings nicht ratsam, da Sie sonst Teile der wirklich gut inszenierten Story verpassen würden.

Alles beginnt mit dem Angriff der Hierarchie auf die Erde. Die Armeen der Menschen stehen den technologisch fortschrittlichen Angreifern hilflos gegenüber. Sie übernehmen in der Einführungsmission die Kontrolle über einen Trupp der US-Armee, der den Auftrag hat, den schwer verletzten Präsidenten in Sicherheit zu bringen. Im Verlauf dieser Mission werden Sie in einige der Feinheiten des Spiels eingeführt. Die Steuerung hingegen ist genretypisch: Sie selektieren oder forschen mit der linken Maustaste und erteilen mit der rechten Bewegungs- oder Angriffsbefehle. Außerdem verfügt jede Einheit über zwei Sekundärfähigkeiten; so kann beispielsweise Mirabel (klingt wie ein Schnaps, oder?), die Heldin der Novus, entweder einen Präzisionsschuss abgeben, der an Gebäuden und Einheiten schweren Schaden verursacht, oder einen Raketenhagel über einem Zielgebiet niedergehen lassen.

Gerade als die Menschen ihrer Vernichtung entgegensehen und die Lage aussichtslos scheint, treten die Novus auf den Plan und helfen den wenigen Überlebenden, die Hierarchie vorerst zurückzuschlagen. Das Robotervolk benötigt Energie, um seine Gebäude am Laufen zu halten und baut dazu ein Netzwerk von Strommasten, die die Versorgung gewährleisten. Nebenbei können sich viele der Novus-Einheiten durch dieses Stromnetz sehr schnell von einem Punkt der Karte zum nächsten bewegen. Dafür sind die Truppen der Roboterwesen verhältnismäßig schwach gepanzert und im offenen Kampf der Hierarchie unterlegen.

Die Hierarchie, ein Konglomerat gieriger und grausamer Aliens, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Galaxie auszuplündern und sich ihrer Rohstoffe zu bemächtigen - dazu zählt, nebenbei bemerkt, auch organisches Material. Der klassische Bösewicht-Archetypus eben. Die Hierarchie verlässt sich bei ihrer Kriegführung auf Beweglichkeit: Drei verschiedene Typen von Läufern (gigantischen Roboter in den Dimensionen von Hochhäusern) bilden das Rückgrat ihrer Streitkräfte und produzieren Truppen, während sie gleichzeitig auch mächtige und schwer zu besiegende Angriffsmaschinen sind. Die Infanterie der Hierarchie ist stark, aber schwerfällig, was sie für Überraschungsangriffe anfällig macht.

Die letzte Fraktion im Bunde, die Masari, waren einst die Erschaffer der Hierarchie. Ihre eigene Schöpfung wandte sich gegen sie und vernichtete ihre Erbauer. So schien es jedenfalls, bis die Invasion der Hierarchie die Masari aus ihrem Schlummer in den Tiefen der Ozeane der Erde weckte. Sie sind die technologisch fortschrittlichste Zivilisation und dementsprechend kampfstark, wenngleich sie, wie die Novus auch, Basen errichten müssen und daher unbeweglicher sind als die Truppen der Hierarchie.

Der Storymodus von "Universe at War" weiß durch überraschende Wendungen und gut geskriptete Ereignisse zu gefallen, hat aber auch einige Nachteile, die beim Spielen auffallen: Die Forschungs- und Ausbaumöglichkeiten der Einheiten werden während der Kampagne kaum genutzt, erst gegen Ende der Novus-Kampagne dürfen Sie zum ersten Mal etwas erforschen - und zwar ganze zwei Technologien. Ein weiterer Mangel sind die Missionen ohne Basisbau. Sie sind zwar zum Vorantreiben der Handlung nötig, aber das Design lässt teilweise zu wünschen übrig. Abgesehen davon dient in einigen der Missionen, in denen Sie eine Basis haben, diese nur zur Dekoration, damit Ihr Held ein besseres Gefühl hat, wenn er alleine losziehen muss, um seine Ziele zu erfüllen. Viele der Aufträge ohne Basisbau lassen sich übrigens nach einem simplen Muster schnell erledigen: Hinrennen, beschießen, was beschossen werden muss, zum Evakuierungspunkt rennen, fertig. Sinnvoller Einsatz der Spezialfähigkeiten der Helden? Fehlanzeige.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Instrument der Weltkarte, auf der Sie im Globalen Modus Ihre Einheiten hin- und herschieben, in den Kampagnen nur zur Dekoration gilt. Sie sehen zwar Ihre Truppen in den einzelnen Gebieten stehen, können jedoch keine Kontrolle über Sie ausüben. Der Globale Modus dient in der Kampagne nur dazu, die Zeit zwischen zwei Einzelmissionen durch Dialoge der Heldeneinheiten zu überbrücken. Das ist schade, denn man hätte den Feldzügen damit eine deutlich größere strategische Tiefe verleihen können. So ist jede Kampagne auf mittlerem Schwierigkeitsgrad in etwa fünf Stunden durchgespielt, was ein wenig dürftig ist.

Laserblitze

Grafisch ist an "Universe at War" nichts auszusetzen. Die Einheiten sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden und die Bewegungsabläufe wirken glaubwürdig: Die großen Läufer der Hierarchie stampfen behäbig durch die Landschaft und zermalmen auf ihrem Weg Autos, Häuser oder Bäume, die effektvoll unter deren Füßen zerquetscht werden, während die Ohmbots der Novus flink durch die Straßenzüge huschen. Die Explosionen und Waffenentladungen sind effektvoll in Szene gesetzt und es macht einfach Spaß, sich zurückzulehnen und es zu genießen, wenn die eigenen Truppen einen gigantischen Hierarchie-Läufer aus allen Rohren feuernd in die Knie zwingen. Nur die Kameraperspektive ist, wie so oft in Echtzeitstrategiespielen dieser Tage, zu nah dran am Geschehen. Man hat hierdurch einen wunderbaren Blick auf das Geschehen, aber die Übersicht leidet darunter ein wenig. Außerdem ist "Universe at War" sehr hardwarehungrig; es kommt zu gelegentlichen Ruckelanfällen, aber insgesamt wirken sie sich kaum negativ auf das Spielerlebnis aus.

"Der Gräber wurden unübersehbar viele"

Der Sound des Spiels ist hervorragend, großartig und bombastisch - außer, Sie besitzen Windows Vista. In diesem Fall dürfen Sie sich bei den Masari und der Hierarchie darüber freuen, dass der Sound oft komplett fehlt: Weder Hintergrundmusik noch Geräuscheffekte sind zu hören, eine allumfassende, geradezu feierliche Stille legt sich dann über das Schlachtgeschehen. Darunter leidet natürlich auch die Übersicht über das Geschehen - wenn man nicht hört, dass die eigenen Einheiten unter Beschuss stehen, kann man sie auch schlecht unterstützen. Hier muss Petroglyph unbedingt noch einen Patch nachschieben.

Wenn der Sound dann aber ausnahmsweise nicht streikt, ist "Universe at War" ein Genuss für die Ohren: Die Geräuscheffekte sind absolut passend und verleihen dem Geschehen eine großartige Atmosphäre, die Sprecher wurden sehr gut ausgewählt und passen zu den ihnen zugedachten Rollen und der Soundtrack gehört zum Besten im Genre. Je nach Fraktion variiert er, sodass bei der Hierarchie beispielsweise harte, rockige Melodien erklingen, während sich die Hintergrundmusik bei den Novus eine Spur sanfter und meditativer, aber immer noch anpeitschend, anhört.

 


Fazit

   Ich habe selten ein Echtzeitstrategiespiel gespielt, das mich so begeistert hat. Ich habe aber auch selten ein Echtzeitstrategiespiel gespielt, das mich so frustriert hat. "Universe at War" ist einerseits eines der abwechslungsreichsten und tiefgängigsten RTS-Spiele auf dem Markt, andererseits wurden viele der positiven Elemente, wie beispielsweise der Globale Modus, das Upgradesystem oder die Einheitenfähigkeiten, einfach schludrig umgesetzt. Gerade die Kampagne mit ihrer gelungenen Story hätte so noch mehr an Spieltiefe und Atmosphäre gewonnen. Außerdem: Die Soundbugs nerven. Trotzdem ist "Universe at War" ein hervorragendes Spiel, das ich jedem RTS-Liebhaber wärmstens empfehlen kann. (18.02.2008)


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