ÜberSoldier 2

ÜberSoldier 2

(City Interactive)

geschrieben von Bernd Wolffgramm

 

     

Etwas überraschend landete dieser Tage das Spiel "ÜberSoldier 2" bei uns auf dem Redaktionstisch. Im Gegensatz zum lauten Brimborium beim Erscheinen des ersten Teils gab es diesmal kaum Ankündigungen oder Pressemeldungen, es gibt keine offizielle Website oder ein Forum, rein gar nichts. Ein Blick auf das Cover zeigt, wieso das so ist: der Publisher hat von CDV zu City Interactive gewechselt; dies ist ein sicherer Hinweis darauf, dass sich das Spiel in der Zweitverwertung befindet, darauf ist der polnische Publisher spezialisiert. Dann passiert mit allen Spielen das Gleiche: Sie werden entschlackt, nur das Nötigste bleibt drin, damit man das Game günstig produzieren kann. Ob das bei "ÜberSoldier 2" auch so ist, soll nun hier geklärt werden.

 

Die Vorgeschichte

 

Der deutsche Nazi-Wissenschaftler Ernst Schäfer bringt von einer Forschungsreise nach Tibet ein Medikament mit, das dafür sorgt, Menschen der Kontrolle eines anderen zu unterwerfen. Dieses Medikament, genannt T9, entwickelt Schäfer weiter und gründet eine Geheimorganisation, die ÜberMacht. Die Aufgabe der ÜberMacht ist es, mit dem T9 eine Art Supersoldaten zu züchten, den ÜberSoldier, mit dem der immer mehr in Gefahr geratende Endsieg im Zweiten Weltkrieg doch noch erzwungen werden soll. Karl Stolz ist einer dieser Soldaten. Nach einem Angriff auf seinen Truppentransporter in der Normandie gerät er in die Klauen der ÜberMacht und wird ohne sein Wissen zum ÜberSoldier "umgepolt". Um jedoch unter die Kontrolle eines anderen zu geraten, muss noch eine weitere Voraussetzung erfüllt sein: Dieser andere muss ihm nach der Operation seinen ersten Befehl geben. Und da geht bei Karl Stolz etwas schief: Während er noch im Aufwachraum der Klinik liegt, stürmt ein Widerstandskommando das Hospital auf der Suche nach einem ihrer Mitglieder. Da die Türen nicht beschriftet sind, durchsuchen sie jeden Raum und so trifft Karl Stolz auf die junge Widerständlerin Maria Schneider. Irgendwie hat sie Mitleid mit ihm, als sie in seine Zelle kommt, und spricht dann die verhängnisvollen Worte aus: "Ok, dann nichts wie raus hier ..." Der erste Befehl! Und so wird aus dem Wehrmachtsoffizier Karl Stolz der Widerstandskämpfer Karl Stolz.

Karl Stolz wird nun die beste Waffe im Kampf gegen Nazi-Deutschland; seine Hauptaufgabe ist es, zu verhindern, dass Ernst Schäfer weitere ÜberSoldier erschafft. Und so reist er zusammen mit Maria Schneider und dem Gebrüderpaar Anton und Klaus Drecksler, die den Widerstand leiten, durch ganz Europa und findet letztlich die Fabrik, in der das T9 hergestellt wird. Natürlich kommt es am Ende zum großen Showdown mit Ernst Schäfer. Karl Stolz sprengt die Fabrik in die Luft und mit ihr seinen Erschaffer. "Super-Burschi“ rettet die Welt!

 

Und nun geht es weiter

 

Ernst Schäfer ist also tot und die Produktionsstätten der ÜberMacht sind vernichtet worden, aber trotzdem taucht das T9 weiterhin gleich säckeweise auf. Es muss also noch ein weiteres Werk geben, das den Wirkstoff herstellt und es muss jemand existieren, der an die Stelle von Ernst Schäfer getreten ist und die Organisation weiterführt. Da die Niederlage von Nazi-Deutschland so gut wie besiegelt ist, versucht die ÜberMacht nun, ihre Spuren zu verwischen und schickt ihre ÜberSoldaten aus, um alle zu eliminieren, die von ihrer Existenz wissen. Außerdem will sie die führenden Köpfe der Wehrmacht in Sicherheit bringen, um sie so vor Verfolgung zu schützen.

Die Widerstandsgruppe um Anton Drecksler "bekommt von dieser Aktion Wind" und beschließt, einzuschreiten. Klaus Drecksler hat die Einheit mittlerweile verlassen, da er keine Chance mehr sah, die Liebe von Maria Schneider zu gewinnen, die sich nun komplett Karl Stolz zugewandt hat. Und bevor die ganze Schilderung nun in eine Seifenoper ausartet, soll lieber wieder über das Spiel gesprochen werden. Es bleibt aber auch nicht viel zu sagen, wie schon im ersten Teil des Games zieht Karl Stolz los und sucht nach der neuen T9-Fabrik und dem neuen Boss der ÜberMacht.

 

Ein typischer Singleplayer-Ego-Shooter

 

Muss man einen Ego-Shooter erklären? Zu Beginn jeder Mission bekommt der Spieler eine Übersicht, was im Großen und Ganzen zu tun ist, dadurch wird so etwas wie eine Handlung aufrechterhalten. Sobald das Spiel beginnt, bekommt der Held gesagt, was kurzfristig getan werden muss; diese Ziele heißen auf die eine oder andere Weise immer "Gehe zu ...". Zwischen dem Ausgangs- und Endpunkt stehen hordenweise Feinde, die es zu überleben gilt. Dazu wird Stolz ein kleines Arsenal an Waffen zur Verfügung gestellt, auf dessen Zusammenstellung er keinen Einfluss hat. Er ist allerdings in der Lage, im Spiel vorhandene Waffen aufzunehmen; diese liegen entweder offen herum oder können toten Feinden abgenommen werden. Die Anzahl der Waffen ist begrenzt, das Spiel erlaubt es, vier Wummen mitzunehmen: eine Pistole, ein leichtes MG, eine panzerbrechende Waffe und eine Panzerfaust (Panzerschreck) beziehungsweise einen Flammenwerfer. Hinzu kommen drei verschiedene Granatentypen: Stielgranate, Eierhandgranate oder Molotov-Cocktail sowie ein Messer, das noch eine ganz besondere Rolle spielt. Anders aber als in vergleichbaren Spielen dieses Genres, sind es nicht Waffenkenntnisse und -fähigkeiten, die Karl Stolz so stark machen, sondern seine beiden Emotionen Zorn und Wut, die er im Spiel ausleben kann und der Zeitschild, den er beliebig aktivieren kann.

Diese beiden Features sind es, die ihn letztendlich zum ÜberSoldier machen. Die beiden Gefühlsregungen, die Stolz einen unermesslichen Vorteil seinen Feinden gegenüber bringen, sind Wut und Zorn. Nun sind das wohl zwei fast identische Empfindungen, aber in "ÜberSoldier 2" werden sie durch verschiedene Situationen hervorgerufen. Sobald der Widerstandskämpfer einem seiner Feinde einen Kopftreffer verpasst, gerät er dermaßen in einen Rausch, dass er versucht, innerhalb einer vorgegebenen Zeit noch zwei weiteren Soldaten einen Headshot zu verpassen. Gelingt ihm das, wird sein Wutausbruch beim vierten Treffer damit belohnt, dass er in den "ÜberSchützen"-Modus versetzt wird. Dieser hält ein paar Sekunden an und garantiert ihm eine Unverletzbarkeit durch Angriffe der Feinde. Ganz ähnlich geht es Karl Stolz mit dem Zorn. Sobald er vier Feinde mit dem Messer ins Jenseits befördert hat, erreicht er automatisch den Berserker-Modus, auch hier - ganz innovativ - ist er für einige Sekunden gottgleich.

Für das zweite Feature muss der Kämpfer keine Voraussetzungen schaffen: den Zeitschild. Er kann jederzeit aktiviert werden und sorgt dafür, dass um den Helden herum eine gallertartig aussehende Energieschutzmauer errichtet wird. Sie bewirkt, dass die auf ihn abgefeuerten Kugeln nicht bis zu ihm vordringen, sondern in der Energiemasse hängen bleiben. Je nachdem, wie viel Energie noch vorhanden ist, werden die Projektile zum "Absender" zurückgeschleudert oder sie fallen einfach zu Boden. Kombiniert man die beiden ÜberSoldier-Fähigkeiten, erhält man eine wahrlich starke Kampfmaschine.

 

"ÜberSoldier" vs. "ÜberSoldier 2"

 

Da der Publisher keine wahrnehmbaren Anstrengungen unternommen hat, das Spiel zu bewerben, hofft er vermutlich auf die Abstrahleffekte des ersten Teils; deswegen bietet sich nun ein Vergleich an. Als "ÜberSoldier" Anfang 2006 bei CDV erschien, war es ein Ego-Shooter aus dem gehobenen Mittelfeld; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Stärken des Spiels waren die interessant aufgebaute Handlung sowie die Umgebungs- und Himmelsgrafiken, die geradezu schön waren, wenn man bei diesem Kriegsumfeld von "schön" sprechen kann. Außerdem gab es einen Level, der auf einem U-Boot spielte, auf dessen Höhepunkt es man mithilfe einer Bord-Flak mit einer Übermacht an feindlichen Flugzeugen aufnehmen musste. Alles in Allem war das Spiel ein klein wenig eine Überraschung, denn das hatte man Buruts selbstentwickelter Spiele-Engine nicht zugetraut.

Am Anfang dieses Tests war davon die Rede, dass der neue Publisher vor allem ein Experte im Abwracken von Spielen ist, um sie dann günstig in einen Niedrigpreismarkt drücken zu können. Das ist mit "Übersoldier 2" auch passiert. Verschwunden ist fast alles, was mit aufwendigerer Grafikprogrammierung zu tun hat: Es gibt keine sogenannten Cutscenes mehr, die in "ÜberSoldier" noch als interessante Überleitung zwischen den Missionen gedient hatten und die die Löcher in der Story sinn- und stimmungsvoll ausfüllten. In "Übersoldier 2" gibt es auch Überleitungen, nur sind es diesmal comicartige Animationen im Stile eines Roy Lichtenstein, die eher eines Batman-Films aus den 60er Jahren würdig wären als eines Ego-Shooters aus dem Jahr 2007. Wenn man die gut gestalteten Übergänge und Videosequenzen aus dem ersten Teil in Erinnerung hat, dann kratzt man sich verwundert am Kopf. Apropos Handlung: In "ÜberSoldier" waren diese Levelübergänge inhaltlich auch viel einfacher zu gestalten, da einfach die Handlung viel dichter war. In "Übersoldier 2" springen die Orte der Story wild durcheinander und die einführenden Texte zu jeder Mission müssen erklären, wieso man gerade hier ist. Insgesamt ist die Story sowieso lächerlich, denn die Handlung war in "ÜberSoldier" bereits abgeschlossen, hier wird sie einfach neu eröffnet, so, als ob vorher nichts geschehen sei. Eine amüsante Anmerkung dazu: Im Abspann des Spiels gibt es ein kurzes FAQ, dass die ganzen Ungereimtheiten des Spiels erklären soll, aber alle Antworten auf die offensichtlichen Fehler in der Handlung werden mit "Sie ist halt Über ..." oder "Er ist Über ..." erklärt.

Auch bei den Ingame-Grafiken könnte man teilweise heulen. In der Auftaktmission steht der Held an einem, auf einem Auto montierten, Maschinengewehr, während seine Komplizin Maria Schneider am Lenkrad sitzt. Die beiden entfliehen so ballernd den Nazis, die sie vom Wegesrand oder von verfolgenden Fahrzeugen beschießen. Die Umweltgrafik (vornehmlich Wiesen und Wald) sind unscharf, wirken verwaschen und der Wagen schlingert durch die Botanik, als ob er überhaupt keinen Halt auf dem Untergrund finden würde. Leider wird dieser schlechte Eindruck über das ganze Spiel immer hervorgerufen, sobald sich ein Teil der Mission im Freien abspielt, da können dann auch die nett animierten Regentropfen und Schneeflocken nichts mehr vertuschen. Sobald sich die Handlung in Gebäuden oder Gängen abspielt, verbessert sich der Eindruck etwas, hier wurde mit etwas mehr Liebe zum Detail gearbeitet, wenn auch in allen Räumen immer dieselben Geräte und Möbel zu finden sind.

Der Sound hat sich im Vergleich mit der ersten Version nicht verschlechtert. Das ist auch nur schwerlich möglich, hier versagte bereits "ÜberSoldier" total. Die laue Hintergrundmusik wurde zwar um eine "Achtung-Gleich-Kommen-Feinde“-Musik erweitert, was total kontraproduktiv ist, weil dadurch die Spannung noch weiter heruntergefahren wird. Denn es war schon im ersten Teil schlimm genug, dass sich alle Feinde mit "Die Widerstandskämpfer sind hier!" lautstark bemerkbar machten. Ersatzweise wurden feindliche Truppen durch die eigenen Kameraden mit "Ich kann Nazis sehen!" angekündigt. Damit ist der Wortschatz der NPCs vollständig aufgeführt. Ein Lichtblick war bei der ersten Version noch der Titelsong von Emkay alias Martin Kesici, so etwas vermisst man im zweiten Aufguss völlig.

Aber nun zu des "Pudels Kern" eines Ego-Shooters: Gegner-KI und Spielstärke des Helden. Die KI versagt zwar nicht völlig, aber ist nicht mit der Künstlichen Intelligenz von modernen Ego-Shootern zu vergleichen. Neben der Tatsache, dass Feinde sich - wie eben besprochen - lauthals ankündigen, machen sie sich vor allem durch ihr Fluchtverhalten lächerlich. Wenn ein KI-Scherge das Gefühl hat, dass es ihm an den Kragen gehen könnte, dann versteckt er sich hinter einer Kiste oder ähnlichem und schießt dann über die Kiste hinweg oder an ihr vorbei, je nachdem, wo sich der Feind befindet. Nach vier, fünf Sekunden schaut er dann über die Kiste ... und bekommt dann natürlich den verdienten Headshot, weil er sich immer gleich verhält. Witzig ist dabei auch die Art, wie er sich manchmal hinter die Kiste bewegt, er rennt nämlich los, streckt den Arm mit dem Gewehr nach hinten und ballert wild in Richtung der Widerständler. Das sieht ziemlich witzig aus und verrät seine Position auch dem letzten Feind, der ihn bis dahin immer noch nicht erspäht hat. Ein kurzer Blick noch auf die Kampfstärke von Karl Stolz: Durch die beiden Kampfmodi "Überschütze“ und "Berserker“ sowie den Zeitschild verfügt der Held über so dominante Möglichkeiten, dass das Game beinahe schon zu einfach wird. Der coole "Games-Checker“ würde heute sagen: "Das Spiel ist total imba!“ und meint damit nichts anderes, als dass das Game kräftemäßig zugunsten unausgeglichen (zu englisch: imbalanced) ist.

 

Ist denn gar nichts gut?

Bei genauerem Hinsehen findet man doch noch Änderungen, die sich positiv auf das Spiel ausgewirkt haben. In "ÜberSoldier" gibt es dieses Belohnungssystem für ausgelebte Emotionen auch, nur wird der Held dann nicht in einen Übermodus gesetzt, sondern eine seiner Fähigkeiten wird hochgelevelt. Das ist deswegen interessant, weil man sich bis zum Erscheinen der ersten Meldung "Ihr Schutzschild wurde verstärkt" überhaupt nicht im Klaren darüber war, dass es ein Fähigkeiten-/Updatesystem gibt. In "ÜberSoldier 2" ist das anders. Man bekommt während des Kampfes Erfahrungspunkte, die dann am Ende jeder Mission auf diverse Fähigkeiten oder Features verteilt werden können. Von einer Charakterentwicklung zu sprechen, wäre vielleicht etwas vermessen, aber immerhin gibt es die Eigenschaften "Gesundheitsvolumen“, "Energie“, "Stase-Schild“ (Zeitschild) und "Waffengenauigkeit“, die ausgebildet werden können.

Ich glaube, ich habe mich mit dem Spiel viel zu lange beschäftigt. Das liegt daran, dass ich Ego-Shooter gern spiele und mir "ÜberSoldier" verhältnismäßig gut gefallen hat. Es war ein Déjà-vu-Erlebnis, "ÜberSoldier 2" erzählt exakt die gleiche Geschichte nochmals. Da fiel mir dann auf, was aus dem Spiel alles entfernt wurde. Reduziert man "ÜberSoldier 2" auf das, was es ist, nämlich ein beliebiger Lowcost-Ego-Shooter für einige (im Übrigen völlig blutlose) Stunden, dann kann man schon zugreifen. Tunlichst unterlassen sollte man allerdings den Vergleich mit aktuellen Genre-Kollegen, denn da kann "ÜberSoldier 2" nirgendwo auch nur annähernd punkten.

(27.12.2007)

- Pentium 4 2,4 GHz / AMD Athlon XP 2000

- Windows XP

- 512 MB RAM

- ATI Radeon 9600, 128 MB; nVidia FX5900, 128 MB oder Vergleichbares

- 8-Fach-DVD-ROM Laufwerk oder schneller

- DirectX 9.0c kompatible Soundkarte

- 6 GB freier Festplattenspeicher

 

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