Blitzkrieg 2

Blitzkrieg 2

(CDV)

geschrieben von Carsten Werner

 

Blitzkrieg, Burning Horizon, Rolling Thunder, Stalingrad, The Day After: Die Liste der Spiele, die auf der mittlerweile über zwei Jahre alten Blitzkrieg-Engine basieren, ist lang. Zählt man die unzähligen Modifikationen und Fanprojekte dazu, blickt man auf eine beeindruckende Menge an Material. Jedoch ist die Grafik in die Jahre gekommen und in Erwartung von Age of Empires 3 oder aufgrund von Titeln wie Codename Panzers: Phase Two und Earth 2160 kann man sich schwerlich für wuselige Infanteristen auf altertümlichen 2D-Karten begeistern. Zeit also für Nival Interactive, sich ebenfalls in die dritte Dimension zu begeben und von der Blitzkrieg-Grafik zu verabschieden. Wir haben für Sie Blitzkrieg 2 getestet und klären die Frage, ob Sie neben der Grafik auch weitere Neuerungen erwarten dürfen.

Keine Abwechslung: Der Zweite Weltkrieg

Die Japaner haben Pearl Harbour angegriffen, die Deutschen sind in Afrika einmarschiert und die Russen verteidigen ihre Hauptstadt vor den Faschisten. Sie kennen die Szenarien? Nun, wir befinden uns wieder im Jahr 1941 und der Zweite Weltkrieg ist in vollem Gange. Sie meinen, das bereits in anderen Spielen erlebt zu haben? Nun, Sie haben Recht. Unzählige Spiele sind bereits erschienen. Man konnte den Zweiten Weltkrieg aus allen Blickwinkeln nachspielen und manche Orte wie Tobruk, die Normandie, Stalingrad oder das zerstörte Berlin wirken seltsam vertraut. Die schlechte Nachricht zuerst: Auch in Blitzkrieg 2 werden Sie in Tobruk kämpfen oder erfolglos versuchen, die Stadt Stalingrad zu erobern. Die gute Nachricht: Sie werden im Laufe der Kampagne als Amerikaner mit den Japanern um einzelne Inselketten kämpfen und den Endkampf des Deutschen Reiches in den Kämpfen um das Ruhrgebiet miterleben.

Im Westen nichts Neues

In Blitzkrieg 2 spielen Sie die üblichen Verdächtigen. In drei Kampagnen werden Sie verschiedene Einsätze aufseiten der Amerikaner, Deutschen und Sowjets bestreiten, die Sie von Inseln des Pazifiks über die Wälder der Ardennen, die verschneite Stadt Stalingrad bis zur von Bomben zerstörten Stadt Berlin führen. Eine interessante Neuerung ist die Missionsauswahl. Jede Kampagne ist in drei Szenarien aufgeteilt. In jedem dieser Abschnitte werden Sie einen historisch bedeutsamen Konflikt bestreiten. Neben dieser wichtigen Mission erwartet Sie eine unterschiedliche Anzahl von Nebenmissionen, in denen Sie Ihre Truppen verbessern oder neue Gerätschaften freischalten. Diese sind freiwillig, man sollte sie allerdings nicht verpassen, um seine Einheiten aufrüsten zu können. Nachdem man die Mission ausgewählt hat, erhält man eine kurze schriftliche Einleitung. Filmausschnitte werden Sie nur zu Beginn eines jeden Szenarios zu Gesicht bekommen. Nachdem Sie sich mit den Missionszielen vertraut gemacht haben, die meist leider nur eine Eroberung bestimmter Punkte vorschreiben, starten Sie mit Ihren Einheiten ins Gefecht.

Führen Sie uns in die Schlacht, General!

Sobald die Mission geladen wurde, finden Sie sich auf der detailreichen Karte wieder. Je nach Mission unterstehen Ihnen zu Beginn einige wenige Einheiten oder ganze Panzerzüge. Sofort fällt die frei dreh- und schwenkbare Kamera auf, mit der Sie jederzeit die Situation auf dem Schlachtfeld kontrollieren können. Keine Bewegung bleibt Ihnen verborgen. Negativ fällt jedoch die Zoomfunktion auf, die selbst bei maximalem Zoom zu weit vom Geschehen entfernt bleibt. Wirklich packende Details oder Kämpfe werden Sie so nicht miterleben können. Auf der anderen Seite kann man die Kamera nicht weit genug herausbewegen, so dass eine totale Kontrolle des Schlachtfeldes nicht möglich wird.

Nachdem man sich mit der Kamera arrangiert hat, beginnt man sich in die Steuerung der über 200 Fahrzeugtypen einzuarbeiten. Neben Infanterie-, Panzer- und Artillerieeinheiten stehen Ihnen nun sogar Jagdflugzeuge zur Verfügung, die Sie anfordern können und, im Gegensatz zu Blitzkrieg 1, selbst steuern dürfen. So kann man gezielt feindliche Bomber oder Truppentransporter abschießen und sich so die Mission erleichtern. Unbedingt notwendig ist das allerdings nicht, da Sie nur in den wenigsten Missionen die feindliche Luftwaffe fürchten müssen und selbst über Flakgeschütze verfügen. Wenig verändert hat sich hingegen bei den Fußtruppen und bei den Panzerfahrzeugen. Auf Befehl robben die Soldaten auf dem Boden oder stürmen bestimmte Punkte und der Kommandant, der jede Einheit anführt, deckt mit seinem Fernglas große Gebiete auf und steuert so das Artilleriefeuer. Je nach Entwicklungsstand sind die Infanteristen mit Gewehren, Handgranaten und Pistolen ausgestattet, später gesellen sich MG-Schützen hinzu und die Gewehre werden durch Maschinenpistolen ersetzt. Auch bei den Panzertruppen hat sich im Vergleich zum Vorgänger wenig geändert. Der Panzer ist weiterhin die wichtigste Einheit im Spiel und in jeder Situation hilfreich. Auf Befehl bewegen sich die Panzer mehr oder minder intelligent zum Zielpunkt, graben sich ein und erhalten somit Boni auf Ihre Verteidigungswerte oder greifen den Feind an. Kenner der Blitzkrieg-Serie werden sich sofort heimisch fühlen und keinerlei Eingewöhnungszeit benötigen, um die ersten Missionen zu bewältigen.

Eine typische Mission bei Blitzkrieg 2 läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Sie haben zu Beginn die Kontrolle über einige Einheiten und Ihre Aufgabe besteht fast immer in der Eroberung einer Schlüsselposition. Also tasten Sie sich mit Ihren Infanteristen behutsam durch die Wälder oder Städte, immer auf der Hut vor feindlichen Einheiten. Sobald Feinde gesichtet wurden, befehlen Sie, falls vorhanden, der Artillerie den Angriff auf die Feinde oder greifen frontal mit Ihren Panzern an. Sollte einmal die Munition zur Neige gehen oder falls die Feinde Ihre Fahrzeuge beschädigen, stehen Ihnen Versorgungsfahrzeuge zur Verfügung, die Ihnen kostenlos Munition zur Verfügung stellen oder Ihre Fahrzeuge instand setzen. Neu hinzugekommen ist das Erfahrungssystem der einzelnen Waffengattungen. Sollten Sie bevorzugt auf Infanterieeinheiten setzen, werden diese im Laufe der Zeit immer besser und erweitern Ihre Fähigkeiten. So werden sie widerstandsfähiger oder werfen mehrere Granaten auf einmal, was für jeden Panzer tödlich ist. Panzer hingegen können zwei Geschosse hintereinander abfeuern oder sich schneller verschanzen. So können Sie gezielt die Einheiten aufwerten, die Sie bevorzugen. Sollten Sie während einer Mission einmal zu forsch vorgegangen sein und Ihre Einheiten verloren haben, ist dies nicht zwangsläufig der Grund für einen Neustart. Denn hier setzt die wichtigste Neuerung in Blitzkrieg 2 an - das Nachschubsystem.

In Blitzkrieg 2, ähnlich wie im Klassiker Panzer General, erhalten Sie in jedem Szenario eine bestimmte Anzahl von Nachschubpunkten, die in neue Einheiten, Flugzeuge oder mächtige Bombenangriffe investiert werden können. Somit ist es Ihnen möglich, neben den Truppen, die Sie zu Beginn befehligen, neue Einheiten zu rufen, um die Erfüllung der Missionsziele zu erleichtern. Damit diese Einheiten jedoch nicht einfach irgendwo erscheinen, wurden auf der Karte optionale Nachschubpunkte eingerichtet, an denen der Nachschub eintreffen wird. Damit Sie jedoch nicht einfach Unmengen von Einheiten bestellen, wurden verschiedene Einschränkungen getroffen. Mit der Sperrung der Nachschubfunktion nach einer Bestellung kann man leben, jedoch ist die Begrenzung der Punkte während der freiwilligen Missionen schon schwerwiegender. Erst während der Hauptmission einer jeden Kampagne dürfen Sie die restlichen Nachschubpunkte verbrauchen. Sollten Sie also während der vorherigen Missionen sparsam gewesen sein, können Sie nun Unmengen von Panzern ordern oder den Feind mit pausenlosen Bombenangriffen mürbe kämpfen. Die Möglichkeit, Nachschub anzufordern, ist jedoch auch jene Funktion, die die Anhänger von Blitzkrieg am meisten entzweit. Für viele wird Blitzkrieg 2 durch die Nachschubmöglichkeit einfach zu leicht. Man ist nicht mehr vorsichtig und kann nun auch gefährlichere Unternehmungen starten, da man Verluste ausgleichen kann. Dadurch wird allerdings auch der extrem hohe Schwierigkeitsgrad drastisch entschärft und macht das Spiel für Anfänger wie auch Profis gleichermaßen interessant. Allerdings sollte man sich nicht ausschließlich auf den Nachschub verlassen. Auch die meisten Nachschubpunkte sind irgendwann verbraucht und wenn der Computergegner Ihren letzten Nachschubpunkt erobern sollte, können Sie ebenfalls keine Einheiten ordern.

Wachwechsel - Die Grafik

Nach über zwei Jahren wurde die alte Blitzkrieg Engine endlich eingemottet und von Grund auf neuprogrammiert. Dabei ist eine Grafik entstanden, die dem Charme und der Detailverliebtheit des Vorgängers in nichts nachsteht. Die Bäume wiegen sich im Wind, an den Leinen weht die Wäsche und Städte sehen aus wie auf alten Postkarten. Doch richtig interessant wird es, sobald die Waffen sprechen. Häuser zerbersten unter Panzerfeuer in ihre Einzelteile, Panzer explodieren in grellen Explosionen und bleiben als ausgebrannte Wracks zurück und Artillerieschläge lassen den Boden erzittern. Den größten Fortschritt erzielte man jedoch in der Darstellung der Einheiten. Die Soldaten sind nun auch als solche zu erkennen und bewegen sich glaubhaft durch das Terrain. Panzer durchpflügen schwerfällig das Gelände, während sich der Turm träge bewegt, um einen Gegner auszuschalten. Im Vergleich zum Vorgänger ist die grafische Entwicklung ein Meilenstein, auch wenn Sie in Präsentation und Detailreichtum nicht an Codename Panzers: Phase Two heranreicht.

Mods & Multiplayer

Die wahre Stärke von Blitzkrieg ist die Möglichkeit, sehr leicht neue Kampagnen, Missionen oder Karten zu erstellen. Auch die Möglichkeit, neue Fahrzeuge zu kreieren, macht Blitzkrieg für Hobbyprogrammierer interessant. Dass sich selbst komplette Spiele entwickeln lassen, haben Stalingrad und The Day After bewiesen. Blitzkrieg 2 setzt diese Tradition fort, indem es den Spieler mit einem leistungsfähigen und einfach zu bedienenden Leveleditor ausstattet. In wenigen Minuten lassen sich so erste, einfache Karten erstellen. Dem Spiel liegt sogar ein Handbuch bei, das sich ausschließlich mit den Funktionen des Editors beschäftigt und so die Tatsache, dass der Editor selbst nur Englisch beherrscht, vergessen lässt. Im Internet sind bereits die ersten Modifikationen und Levels erschienen, so dass sich die Fans sicher auf viele Monate voller Abwechslung einstellen können. Weniger gelungen ist der Mehrspielermodus, der nur einen einzigen Modus kennt und mit zehn Karten für maximal acht Spieler nicht gerade üppig ausfällt. Sie streiten sich mit Ihren Mitspielern um strategisch wichtige Punkte und versuchen die Armeen des Gegners zu vernichten. Hier hätte ein wenig mehr Abwechslung sicher nicht geschadet.

Blitzkrieg 2 ist ein würdiger Nachfolger geworden. Nival Interactive hat konsequent alte Fehler beseitigt und das Spiel verbessert. Auch wenn man von vielen Seiten hört, wie sehr der Nachschubmodus doch den Charakter des Spieles geändert hat, ist dieser eine logische Weiterentwicklung, um auch Anfängern und Genreneulingen ein unbeschwertes Spielerlebnis zu bieten. Dabei ist Blitzkrieg 2 keinesfalls leicht. Auch wenn die Kampagne der Amerikaner noch recht einfach gehalten ist, werden sich spätestens in der Kampagne der Sowjets Blitzkrieg-Veteranen heimisch fühlen, da der Schwierigkeitsgrad dort merklich ansteigt.

Aber letztendlich ist Blitzkrieg 2 nur ein weiteres Echtzeitstrategiespiel mit der Thematik Zweiter Weltkrieg. Zu einfallslos sind die Missionen, zu vorhersehbar der Spielablauf und zu eintönig die Kampagne. Wo Codename Panzers: Phase Two mit einer detailreichen Geschichte und glaubhaften Charakteren aufwartet, bietet Blitzkrieg 2 Textmeldungen und Filmhäppchen. Wer allerdings auf Helden, filmreife Atmosphäre und mitreißende Kampagnen verzichten kann, bekommt mit Blitzkrieg 2 ein grundsolides Spiel mit vielen Möglichkeiten für taktische Entscheidungen.

 

(17.10.2005)

Minimal

- Windows 98/ME/2000/XP

- 1,0 GHz Pentium III/Athlon

- 320 MB RAM

- 64 MB Grafikkarte GeForce 3, Radeon 8500 oder ähnliche T&L-fähige Karte

- 2,5 GB freier Speicherplatz

- DVD Laufwerk

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