CSI : Eindeutige Beweise

CSI : Eindeutige Beweise (Wii)

(Ubisoft)

geschrieben von Nico Meißner

 

     
 

Die US-Fernsehserie "CSI", die seit 2001 im deutschen TV auf VOX läuft (ab 2006 auf RTL), ist den Meisten wahrscheinlich ein Begriff. Es geht um die Arbeit der Spurensicherungsabteilung der Polizei, der sogenannten Crime Scene Investigation. Nun bringt Ubisoft mit "Eindeutige Beweise" den ersten "CSI"-Titel für die Wii heraus. Mit Lupe und Notizblock habe ich mich für DLH.net aufgemacht, diesen Fall auf Herz und Nieren zu prüfen ...

Polizeiarbeit wie im Fernsehen

Der Spieler schlüpft in die Rolle eines neuen Mitarbeiters beim Las Vegas Police Department (LVPD). Als solcher soll man das aus der TV-Serie bekannte CSI-Team verstärken. Zu Beginn absolviert der Spieler erst mal einen Tutorial-Fall, um sich mit den Arbeitsmethoden und Instrumenten der CSI vertraut zu machen: Ein Donut des Chiefs ist verschwunden. Es gilt, den "Mundräuber" nach allen Regeln der Kunst dingfest zu machen. Dazu begibt sich der Spieler zuerst zum Ort des Verbrechens, einem Streifenwagen im LVPD. In der Ich-Perspektive begutachtet man den Schauplatz, über Pfeile am Bildrand verändert man seine Position oder den Blickwinkel. So überschaut man zuerst die Garage samt Streifenwagen komplett. Nun kann der Spieler um das Fahrzeug herumgehen, manche Bereiche näher unter die Lupe nehmen und mithilfe diverser Werkzeuge Spuren entdecken beziehungsweise sammeln.

Weiterhin dürfen potenzielle Verdächtige, das oder die Opfer und Freunde, Verwandte, Bekannte und so weiter befragt werden. Das geschieht über das klassische Multiple-Choice-Dialogsystem, bei dem meistens drei Dialogoptionen zur Verfügung stehen. Während der Befragung tauchen, je nach Situation, weitere Punkte auf oder man erhält Informationen, die bei einer anderen Person neue Gesprächsmöglichkeiten eröffnen. Anfangs wendet man sich für gewöhnlich dem Opfer zu - sofern es noch lebt. Die Navigation läuft in "CSI" über einen Personal Digital Assistant, kurz PDA (das ist eine Art Minicomputer). Der PDA bietet vier Bereiche an: "Gesammelte Beweise", "Fallakte", "Orte" und "Spieloptionen". Spuren und Beweismittel, also alle Gegenstände, die der Spieler aufspürt, werden unter "Gesammelte Beweise" katalogisiert. In der Akte zum Fall sind alle beteiligten Personen und ihre Kernaussagen geführt. Die verschiedenen begehbaren Lokalitäten, wie zum Beispiel den Verhörraum, erreicht der Spieler über "Orte". Beginnt ein neuer Fall, hat man außer der Fallakte und zwei Orten (dem Tatort und Chief Grissoms Büro) noch nicht viel zur Auswahl. Lediglich die Spieloptionen stehen immer zur Verfügung und verändern sich natürlich auch nie.

Sherlock Holmes im 21. Jahrhundert

Betritt der Spieler den Ort des Verbrechens, verschafft er sich am besten erst mal einen Überblick. Denn in "Eindeutige Beweise" wimmelt es - zumindest in den ersten Fällen - passend zum Titel nur so vor Beweisen und Anhaltspunkten. Hat man ein Indiz entdeckt, kommen die kriminalistischen CSI-Werkzeuge zum Einsatz: Eingeteilt in Beweisaufnahme und -untersuchung, bieten sich dem Spieler mehr Instrumente als in jeder "Yps"-Heftsammlung. So gibt es von einfachen Latexhandschuhen über diverse Fingerabdruck-Pulver bis hin zu Chemikalien zum Aufspüren geringster Blutrückstände alles, was das Herz des virtuellen Ermittlers höher schlagen lässt. Untersuchbare Spuren werden dem Spieler in "CSI" durch einen veränderten Cursor signalisiert, genau wie Zoom- und Bewegungsmöglichkeiten. Leider ist man aufgrund der häufig winzigen Beweise oft gezwungen, die ganze Szene Stück für Stück mit dem Cursor abzusuchen - "Maniac Mansion" lässt grüßen.

Die meisten Indizien müssen zuvor verdeutlicht oder sichtbar gemacht werden, bevor sie aufgenommen werden können. So muss man Flüssigkeitsreste erst mittels Chemikalien oder UV-Licht identifizieren, danach kommt das Wattestäbchen zum Einsatz. Hat der Spieler einen Gegenstand eingesammelt, taucht dieser unter "Gesammelte Beweise" auf. Hier dürfen sichergestellte Beweismittel auch näher untersucht werden. Entdeckt der Spieler weitere Spuren am Gegenstand, wie zum Beispiel Fingerabdrücke oder Haare, greift er abermals auf die Werkzeuge zurück. Öffnet man den "Werkzeugkasten", werden automatisch einige Instrumente, die geeignet sein könnten, hervorgehoben. Diese Hilfe lässt sich erfreulicherweise - wie auch alle anderen Erleichterungen - jederzeit deaktivieren. Hat sich der Spieler nach den ersten ein, zwei Fällen (von denen es übrigens fünf zu lösen gilt) an die Werkzeuge gewöhnt, geht die Arbeit leichter von der Hand und macht durch ihre Vielfalt wirklich Spaß.

Zur Analyse von Substanzen und Spuren steht das Labor zur Verfügung. Hier findet sich eine Vielzahl an modernen Gerätschaften, auf die der Profi-Schnüffler jederzeit zugreifen kann. In der CSI-Datenbank können DNA-Proben (zum Beispiel Hautschuppen oder Blut) gesucht beziehungsweise verglichen werden. Mit dem Mikroskop kann der Spieler Stoffreste oder andere feste Rückstände untersuchen, auch hier dient als Grundlage wieder die CSI-Datenbank. Weiterhin stehen der Spurenanalyse-Computer, der Montagetisch und die chemische Analyse bereit. Letztere sollte selbsterklärend sein, während der Tisch zum Zusammen- und Auseinanderbauen von komplexeren Beweisstücken dient. Das umfangreichste Analyseinstrument ist der Computer. Egal, ob Fingerabdrücke, Fußabdrücke, Reifenspuren oder Bild- und Tonmaterial: Die riesige Datenbank beinhaltet scheinbar Tausende von Einträgen. Hier läuft die Suche wie an allen Laborgeräten; zuerst wählt der Spieler die Spur aus, die er gefunden hat. Dann jagt er sie durch den Rechner, der binnen Sekunden einige Ergebnisse ausspuckt. Nun gilt es, den nur teilweise erhaltenen Fingerabdruck auf genaue Übereinstimmungen mit den Suchergebnissen zu überprüfen (oder die Struktur der Substanz beziehungsweise das DNA-Muster oder was auch immer gerade untersucht wird). Manchmal liefert der Computer sofort einen Treffer, häufiger bestehen nur grobe Ähnlichkeiten zwischen der Vorlage und den Datenbankeinträgen. Aber diese Laboranalysen, die an Minispiele erinnern, lockern das sonst leicht monotone Spielgeschehen von "CSI" gut auf und wecken die Spürnase im Spieler.

Hat man erst einmal die Freude an der kriminalistischen Arbeit entdeckt, bietet "CSI" die Option, den Schwierigkeitsgrad jederzeit zu erhöhen: Zum Beispiel zeigt das Spiel bei komplett abgegrasten Lokalitäten oder umfassend untersuchten Beweismitteln einen kleinen grünen Haken. Entfernt man diese beiden Hilfen, gestalten sich die Fälle noch etwas anspruchsvoller. Denn die Orte bei "CSI" sind zwar selten wirklich weitläufig, aber trotzdem keinesfalls simpel oder oberflächlich. Am Ende, bei der Abschlussbewertung des gelösten Falls, gibt es Zusatzpunkte für gefundene Spuren und gründliche Durchsuchungen, außerdem sammelt der Chief leidenschaftlich seltene Insekten (bei "GTA" nannte man sie "Päckchen" ...). So gibt es an fast jedem Ort einiges zu untersuchen und aufzuspüren - oder manchmal eben nur Käfer und das gute Gewissen, seinen Job gründlich zu erledigen.

Wobei das mit dem Aufspüren in ein paar Situationen leider nicht so einfach ist. Gleich im ersten richtigen Fall befindet sich vor einem ausgebrannten Taxi ein Fußabdruck nahe am unteren Bildschirmrand. Der Spieler kann ihn leicht entdecken, aber die nähere Untersuchung gestaltet sich nicht gerade einfach: Der Bereich, in dem sich der Cursor ändert (um anzuzeigen, dass hier herangezoomt werden kann), erstreckt sich nicht etwa über den ganzen Abdruck. Um genau zu sein - und das ist in diesem speziellen Fall im wahrsten Sinne des Wortes nötig - ist der Bereich derart winzig, dass pixelgenaues Treffen vonnöten ist. Steckt im Spieler ein waschechter Doktor Watson, deaktiviert er auch noch weitere Hilfsfunktionen, sodass er selbst herausfinden muss, wo er welches Werkzeug anwenden soll. Allerdings ist es auch mit etwas Forensikerfahrung nicht immer leicht, eine kleine Spur soweit zu identifizieren, dass man zum Beispiel weiß, ob es sich um einen Flüssigkeitsrest handelt oder nicht. Im Endeffekt ermöglichen es die flexiblen Hilfen jedem Spieler, den ihm genehmen Grad an Anspruch und Knobelei einzustellen.

"Ich hätte da noch eine Frage ..."

Bevor beispielsweise der Wohnraum eines Verdächtigen durchsucht werden kann, führt der vorschriftengetreue Ermittler natürlich erst einmal vor Ort ein Gespräch mit dem Verdächtigen. Zusätzlich braucht man natürlich noch einen entsprechenden Gerichtsbeschluss, um eine Durchsuchung vornehmen zu dürfen. Leider ermöglichen es die sonst gelungenen Dialoge zwischen dem Spielercharakter und anderen Figuren nicht, wirklich trickreiche Fragen á la Columbo zu stellen oder selbstständig irgendetwas aktiv zu schlussfolgern. Dadurch verlieren die Unterhaltungen etwas an Spannung. Außerdem entsteht so ein Muster, das sich bei jedem Fall wiederholt: Tatort inspizieren, Spuren sammeln, Personen verhören, DNA-Probe erbitten, Personen verhören, Gerichtsbeschlüsse beantragen, Lokalitäten durchsuchen, Person(en) auf der Wache verhören, Fall abschließen. Besonders das recht unspektakuläre Ende der meisten Fälle enttäuscht doch. Die sind immerhin erfreulich komplex und selten früh durchschaubar, manchmal werden auch falsche Fährten gelegt oder es wird mit den Erwartungen des Spielers ... gespielt. Aber es bieten sich insgesamt bedauerlicherweise zu wenige Möglichkeiten, den Fall selbst maßgeblich voranzutreiben, ohne das immer gleiche Muster abzuarbeiten.

Email und die Detektive

Im Spiel bedient sich der Charakter laufend moderner Geräte und nutzt ausgefeilteste Technik, um ja kein Detail zu übersehen und jede Unklarheit zu beseitigen. Leider wurde bei der Grafik von "CSI: Eindeutige Beweise" nicht so viel Wert auf Perfektion gelegt - und dafür gibt es ... genau: eindeutige Beweise. Der schlagendste davon ist das deutliche Ruckeln, welches vor allem bei der kleinen Kamerafahrt direkt nach einem Ortswechsel auftritt. Weiterhin wirken die Figuren alle etwas hölzern, wenn auch die Vorlagen aus der TV-Serie nicht schlecht getroffen worden sind. Ansonsten ist die Grafik recht zweckgemäß, am besten machen sich die stimmungsvollen, flashback-artigen Einspielungen, die den vermeintlichen Tathergang bei jeder Wendung wieder neu darstellen. Auch einige Werkzeuge und Schauplätze ragen optisch heraus. Dazu gibt es noch kleine, wenn auch nichtssagende Cutscenes, die bei einem Wechsel zum nächsten, weiterführenden Ort eingespielt werden.

Die englische Sprachausgabe gibt den Figuren viel Charakter und verleiht ihnen erst etwas Leben. Sie ist größtenteils sehr gut gemacht und ist gegenüber einer Synchronisation sicher die bessere Lösung. Allerdings gibt es hier ebenfalls einen Haken: Gelegentlich hängt auch sie, ebenfalls bevorzugt nach dem Ortswechsel. Des Englischen unkundige Detectives finden während der Gespräche am unteren Bildschirmrand deutsche Untertitel vor. Leider kann der Spieler, der den flotten Fließtext nicht ganz mitbekommen hat, ihn nicht komplett in der Fallakte einsehen. Lediglich Ausschnitte sind noch einmal nachlesbar. Die Hintergrundmusik hält sich klar zurück, sodass sie weder stört, noch starke Akzente setzen kann.


Fazit

Nach eingehender Analyse komme ich zu dem Schluss, dass "CSI: Eindeutige Beweise" ein gelungenes Kriminaladventure ist. Während die Technik mit ihren Hängern noch einige Wünsche offen lässt, überzeugt das Gameplay auch von Natur aus skeptische Spürnasen. Abgesehen von dem sich wiederholenden Muster sorgt "CSI" mit seinen komplexen Fällen und vielen Untersuchungswerkzeugen so für etliche, spannende Stunden Spielspaß für Hobbyermittler und Serienfans. (07.04.2008)


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