Monkey Island Special Edition Collection

Monkey Island Special Edition Collection

(Activision Blizzard)

geschrieben von Knud Baier

 

     
 

"Hallo! Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich will Pirat werden!" Mit diesen Worten trat Guybrush Threepwood im 1990 veröffentlichen Point-&-Click-Adventure "The Secret of Monkey Island" auf die Bildschirme der Spieler. Ein Jahr später folgte mit "Monkey Island 2: LeChuck's Revenge" eine Fortsetzung, die von vielen Spielern nach wie vor als bester Teil der Serie angesehen wird. 2009 und 2010 veröffentlichte LucasArts dann überarbeitete Fassungen beider Spiele als Download-Titel, die nun auch in einer Box mit zusätzlichem Bonusmaterial in die Händlerregale gelangt sind. Was diese "Special Edition Collection" taugt und für wen sich der Kauf lohnt, erfahren Sie hier.

Die frühen Jahre des "mächtigen Piraten"

Guybrush Threepwood, der (Anti-)Held der "Monkey Island"-Serie, taucht eines Nachts auf der Karibikinsel Mêlée Island auf und möchte ein Pirat werden. Woher er kommt und warum er diesen Wunsch hegt, weiß man nicht - so kann sich jeder Spieler seine eigene Hintergrundgeschichte ausdenken und selbst in die Rolle des Guybrush schlüpfen. Ein Gespräch mit den örtlichen Piratenanführern offenbart, dass Guybrush drei Prüfungen ablegen muss, bevor er sich Pirat nennen darf. Eine dieser Prüfungen führt Sie dann als Einbrecher in die Gouverneursvilla, wo Sie auf die Gouverneurin Elaine Marley treffen. Diese ist von Guybrush sehr angetan, möchte sich aber erst dann auf eine Beziehung mit ihm einlassen, wenn er ihr seine volle Aufmerksamkeit widmen kann. "Ich habe auf einmal dieses Verlangen, die drei Prüfungen zu beenden ... schleunigst." Du sagst es, Guybrush.

In dem Moment, in dem Sie alle Prüfungen gemeistert haben, taucht dann aber der unsterblich in Elaine verliebte Geisterpirat LeChuck auf der Insel auf, entführt die Gouverneurin und segelt mit ihr zu seinem Versteck auf der mysteriösen Affeninsel. Guybrush zögert nicht lange und besorgt sich ein Schiff und eine Crew, um selbst nach Monkey Island zu reisen und Elaine zu retten. Auf der Insel trifft Guybrush unter anderem auf eine Gruppe von Kannibalen, die ein sehr wirksames Anti-Geist-Mittel für ihn herstellen. Als Guybrush sich damit zum Schiff des Geisterpiraten begibt, muss er leider feststellen, dass LeChuck mit Elaine auf dem Weg zurück nach Mêlée Island ist, um sie in der dortigen Kirche zu heiraten. Erneut reist Guybrush dem Geisterschiff hinterher, platzt in die Hochzeitszeremonie und vernichtet den Geisterpiraten LeChuck. Am Ende sind Guybrush und Elaine glücklich vereint.

Die Beziehung mit Elaine war leider nicht von Dauer. Zu Beginn von "Monkey Island 2" ist Guybrush - wieder allein - auf der Suche nach dem legendären Schatz von Big Whoop auf Scabb Island gestrandet und quält die dortigen Piraten mit seiner Geschichte vom glorreichen Sieg über den Geisterpiraten LeChuck. Um die Insel verlassen zu können, müssen Sie zunächst Largo LaGrande, den örtlichen Schläger und ehemaligen Gehilfen von LeChuck, loswerden. Dies erledigen Sie stilecht mittels Voodoo-Puppe. Im Siegestaumel prahlt Guybrush vor Largo mit einem noch lebenden Stück von LeChucks Bart. Dieses schnappt sich Largo und erweckt damit LeChucks verfaulten Körper wieder zum Leben. Da nur die Macht von Big Whoop ihn vor LeChuck retten kann, macht Guybrush sich auf die Suche nach den vier Kartenstücken, die ihn zum Schatz führen sollen. Dazu reisen Sie zwischen den Inseln Scabb, Phatt und Booty Island hin und her, wobei Sie einige aus dem Vorgänger bekannten Charaktere wie Elaine, Stan und die Voodoo-Lady wiedersehen. Nach einem Besuch in LeChucks Festung landet Guybrush durch einen glücklichen Zufall schließlich auf der gesuchten Insel und findet den Schatz von Big Whoop. Leider wartet LeChuck dort bereits auf ihn, mit einer Voodoo-Puppe in der Hand. Also machen Sie es ihm nach, bauen sich auch eine solche Puppe und schlagen ihn mit seinen eigenen Waffen.

Die Spiele zeichnen sich vor allem durch die fordernden Rätsel und den reichhaltigen Humor aus. In fast jeder Szene gibt es was zum Lachen, seien es die herrlich schrägen Dialoge oder simple Slapstick-Einlagen wie herunterrutschende Hosen. Immer wieder finden Sie auch Anspielungen auf Filme oder andere Adventurespiele, wobei besonders letztere für die jüngeren Spieler wohl nur selten verständlich sind. Durch den Humor werden selbst die eigentlich bedrohlichen Szenen wieder aufgelockert und das ganze Spiel abgerundet.

Unterschiede zum Original

Die offensichtlichen Unterschiede zwischen der "Special Edition" und den Originalen sind die verbesserte Optik und die englische Sprachausgabe. Und besonders die Sprachausgabe hat ein Lob verdient: Die aus "The Curse of Monkey Island" bekannten Sprecher leihen auch in der "Special Edition" den jeweiligen Charakteren ihre Stimme. Auch mit der Betonung haben sich die Sprecher viel Mühe gegeben. So hören sich beispielsweise Guybrushs Antworten auf die Schwertkampfbeleidigungen in "Monkey 1" unterschiedlich an, je nachdem, ob die Antwort zur Beleidigung des Gegners passt oder nicht. Die musikalische Untermalung ist ebenfalls ein wahres Fest für die Ohren. Alle Musikstücke wurden erstmals mit echten Instrumenten eingespielt und die Melodien - besonders die Titelmusik und das LeChuck-Thema - sind echte Ohrwürmer.

Auch die neuen Grafiken sind generell sehr hübsch anzusehen, allerdings gibt es kleine Unterschiede zwischen den beiden Spielen. In Teil 1 wurden einige Grafiken nicht nur aufgehübscht, sondern auch um neue Elemente ergänzt. So liegen nun hinter der Scumm Bar unzählige Schiffe vor Anker, wo im Original kein einziges Schiff zu sehen ist. Leider wirken aber viele der Hintergrundgrafiken des ersten Teils unfertig. Besonders in den Wäldern von Mêlée Island lassen sich oft große einfarbige Flächen finden - teilweise sind sogar noch die riesigen Pixel der Originalgrafiken zu sehen. Der zweite Teil orientiert sich grafisch stärker am Original: Alle Hintergründe sind mit den Originalen nahezu identisch und es wurden höchstens kleine Details verändert. Auch einige der Animationen laufen in Teil 2 sehr viel flüssiger ab als in "Monkey 1 SE". In beiden Spielen lassen zudem wogende Wellen und am Himmel vorbeiziehende Wolken die Szenerie lebendiger wirken als je zuvor. Die Optik insgesamt geht mehr als in Ordnung, obwohl beide Neuauflagen mittlerweile nicht mehr ganz taufrisch sind.

Nun zu den inhaltlichen Unterschieden. "Monkey Island 1 SE" basiert nicht auf der Disketten-, sondern auf der CD-Version von "Monkey Island 1". Die "Special Edition" ist inhaltlich absolut identisch mit besagter CD-Version. Das bedeutet leider auch, dass das in "The Curse of Monkey Island" aufgegriffene Easteregg mit dem Geheimgang unter einem Baumstumpf im Wald von Mêlée Island (Stichwort "Disk 22") in der "Special Edition" fehlt. Das dürfte aber nur den allerwenigsten Spielern auffallen. Bei "Monkey Island 2 SE" wurde im Vergleich zum Original aber richtig gekürzt: Sowohl der Vorspann mit den tanzenden Affen als auch der zweite, leichtere Schwierigkeitsgrad wurden ersatzlos gestrichen.

Falls Sie einmal nicht weiter wissen, können Sie sich nun per Tastendruck einen Hinweis geben lassen. Diese Funktion ist in beiden Spielen verfügbar und tröstet ein wenig über den fehlenden zweiten Schwierigkeitsgrad in "Monkey 2 SE" hinweg. Allerdings erhalten Sie dabei nicht immer gleich den Hinweis, den Sie wirklich benötigen. Manchmal müssen Sie erst andere Rätsel lösen, bevor Ihnen das Spiel den entscheidenden Hinweis gibt.

Sowohl "Monkey 1 SE" als auch "Monkey 2 SE" werden wie gewohnt mit einer Kombination aus Maus und Tastatur gesteuert. Angeblich lassen sich die Spiele auch mit dem Xbox-360-Controller bedienen, was aber in Ermangelung eines solchen Gerätes nicht bestätigt werden kann. Den getesteten Gamepads Saite P880 und P3200 wollte jedenfalls keines der beiden Spiele gehorchen. Dass die "Special Edition" auch für Konsolen erschien, merkt man besonders an der Steuerung in "Monkey Island 1 SE": Das Verben- und das Inventarmenü sind nur bei der klassischen Optik immer sichtbar. In der neuen Optik müssen die Menüs erst per Tastendruck eingeblendet werden, was mit den vielen Tasten auf einem Gamepad kein Problem ist, aber eine Steuerung allein mit der Maus unmöglich macht. Dass es auch anders geht, beweisen die Entwickler mit "Monkey 2 SE". Dort wird bei einem Rechtsklick auf ein Objekt eine Auswahl an möglichen Interaktionen eingeblendet und das Inventar kann durch einen Klick mit dem Mausrad geöffnet werden. Da wäre es schön gewesen, wenn man den ersten Teil noch ein weiteres Mal überarbeitet und ihn ebenfalls mit dieser Art der Steuerung ausgestattet hätte.

Eine Sache bleibt noch zu erwähnen, nämlich der Kopierschutz. Die klassischen Code-Scheiben suchen Sie hier leider vergebens - die "Special Edition Collection" wird ausschließlich durch Securom vor unerwünschten Software-Piraten geschützt. Zum Spielen muss lediglich die DVD eingelegt werden, eine Online-Aktivierung ist nicht erforderlich.

Das Bonusmaterial

Sämtliches Bonusmaterial ist ausschließlich über das Starterprogramm oder das Spiel selbst verfügbar. Wenn Sie die "Special Edition" starten, gelangen Sie zunächst in ein Menü, von dem aus Sie eines der beiden Spiele starten, sich die Musiktitel beider Spiele anhören oder einige Konzeptzeichnungen durchblättern können. Die groß angekündigten Storyboards und Konzeptzeichnungen zum nie vollendeten "Monkey Island"-Film sind zwar interessant, allerdings sind die Texte nur auf Englisch und die dort erzählte Geschichte steht im Widerspruch zu dem, was in den Spielen passiert. Da ist es dann auch nicht weiter schlimm, dass aus dem Film nichts wurde. Direkten Zugriff auf die Bild- und Musikdateien haben Sie übrigens nicht, was eine weitere Verwendung der Materialien als Hintergrundbilder oder Klingeltöne mehr oder weniger unmöglich macht.

In "Monkey 2 SE" können Sie zusätzlich zu dem Material im Starterprogramm noch weitere Konzeptzeichnungen freispielen, die sich aber ebenfalls nur im Spiel betrachten lassen. Dazu kommt noch ein optionaler Audiokommentar der Spieldesigner Ron Gilbert, Dave Grossmann und Tim Schafer, den Sie an einigen Stellen im Spiel per Tastendruck aktivieren können. In diesen Kommentaren erfahren Sie viele witzige Hintergrundinformationen und Anekdoten über die Entwicklung des Spiels. Dank der deutschen Untertitel können Sie die Kommentare auch ohne Englischkenntnisse verstehen.

Nichts für Anglophobiker

Auf der Vorderseite der Verpackung befindet sich gut lesbar der Schriftzug "deutsche Software mit englischer Sprachausgabe". Damit werden Erwartungen geschürt, die das Produkt nicht einhalten kann - eigentlich müsste es "englische Sprachversion mit deutschen Untertiteln" heißen, aber selbst das wäre noch gelogen. Sobald Sie ein neues Spiel starten, wird Ihnen nämlich mitgeteilt: "Die Classic Edition ist nur auf Englisch erhältlich." Das heißt, sobald Sie per Tastendruck zur pixeligen Originaloptik wechseln, werden statt der deutschen Untertitel nur noch die englischen Texte angezeigt. Ohne gute Englischkenntnisse verstehen Sie die meisten der Dialoge nicht, was den Classic-Modus praktisch unspielbar macht.

Auch mit der deutschen Übersetzung bekleckern sich die Entwickler nicht gerade mit Ruhm. Für "The Secret of Monkey Island" wurden die meisten Texte direkt aus der damals von Boris Schneider ins Deutsche übersetzten Version übernommen, hier und da wurden allerdings ein paar Zeilen anders übersetzt. Das wäre an sich ja kein Problem, wenn man zumindest beachtet hätte, dass 1990 noch andere Rechtschreibregeln galten. In der "Special Edition" findet man nun eine bunte Mischung aus alter und neuer Rechtschreibung - so kann man beispielsweise in der Liste der Schwertkampf-Beleidigungen gleichzeitig die Schreibweisen "hässlich" und "häßlich" lesen. Teilweise wird in den neuen Texten auch der ursprüngliche Wortwitz der deutschen Version zerstört. So wird beispielsweise ein aufgespießter Körper am Heiligtum der Monkey-Island-Kannibalen nicht mehr als "SchaschRick", sondern als "Shish KeBob" bezeichnet, obwohl der Ausdruck "shish kebab" im deutschen Sprachraum nicht gebräuchlich ist. Um den Kebab-Wortwitz zu erhalten, wäre "Döner KeBob" passender gewesen.

Richtig problematisch werden die deutschen Texte allerdings erst in "Monkey Island 2". Dort müssen Sie sich in der Bibliothek von Phatt Island mehrere Bücher ausleihen und dazu einen Schrank mit alphabetisch sortierten Karteikarten durchsuchen. Die Buchtitel sind zwar alle ins Deutsche übersetzt, aber die Karten bleiben wie in der englischen Version angeordnet. An folgendem Beispiel wird das Problem deutlich: Sie müssen unter anderem ein Buch über Schiffswracks finden. Unter dem Buchstaben "S" finden Sie (da glücklicherweise sowohl "ship" als auch "Schiff" mit "S" beginnen) eine Karteikarte mit der Aufschrift "Schiffswracks - siehe: Unglücke". Das gesuchte Buch finden Sie aber nicht unter "U" sondern unter dem Buchstaben "D", weil "Unglücke" in der englischen Version "disaster" heißt. Dazu kommt noch, dass die gesamte Bücherliste - wie so viele andere Texte auch - neu übersetzt wurde. Die aus der deutschen Originalversion von "Monkey Island 2" bekannten Titel suchen Sie vergebens, was die Angelegenheit besonders für Kenner des Originals erschwert. An anderer Stelle sind dann wiederum Neulinge im Nachteil: Wer nicht weiß, dass eine bestimmte Art von Schraubenschlüssel im Englischen als "monkey wrench" bezeichnet wird, beißt sich ohne die Hinweisfunktion an einem der Rätsel sicher die Zähne aus, denn der Beschreibungstext aus der DOS-Version "Er ist so steif, mit ihm könnte man eine Schraube lösen." wurde in der "Special Edition" durch ein direkt übersetztes und nutzloses "Er ist süß." ersetzt. Auch aus dem Buch "Gilberts verdammte Wortspiele" wurde ein ähnlicher Hinweis entfernt. (Blanker Hohn: Alle Texte der deutschen DOS-Version lassen sich in den Dateien der "Special Edition" finden, sie werden aber offenbar nicht verwendet.)

"Auf Englisch!? Was soll denn der Scheiß?" Das war der erste Kommentar, den ich aus meiner Familie zur "Monkey Island Special Edition Collection" hörte. Und er trifft genau die größte Schwäche der Sammlung, nämlich die fehlende deutsche Sprachausgabe. Für englischsprachige Spieler ist der größte Vorteil der "Special Edition" gegenüber dem Originalspiel doch, dass alle Sätze gesprochen sind und man nicht mehr die ganze Zeit mitlesen muss. Und genau diesen Komfort bietet die "Special Edition" für deutsche Spieler eben nicht, die müssen nach wie vor jedes Wort vom Bildschirm ablesen.

Keine Frage, "Monkey Island 1 & 2" sind echte Klassiker und gehören in jede Adventuresammlung, aber für wen lohnt sich die Anschaffung dieser Neuauflage? Adventurefreunde, die des Englischen mächtig sind oder den Anfang der "Monkey Island"-Reihe bisher verpasst haben, können mit diesem Einkauf nicht viel falsch machen. Die "Special Edition Collection" ist zwar kein vollwertiger Ersatz für die deutschen Originalversionen, aber derzeit definitiv der einfachste und günstigste Weg, um an die Spiele zu kommen - die DOS-Versionen der Spiele können Sie schließlich nur noch gebraucht und zu horrenden Preisen erwerben. Wer die deutschen Originalversionen der Spiele bereits besitzt und mit der englischen Sprachausgabe nichts anfangen kann, muss für sich selbst abwägen, ob die verbesserte Optik und das nur eingeschränkt nutzbare Bonusmaterial die 15 Euro wert sind.

(27.09.2011)

 

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