Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers

Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers

(THQ)

geschrieben von Hans Thiel

 

Da war doch noch etwas. Wir erinnern uns: Zum Ende des Films "Die Unglaublichen" brach mit roher Gewalt eine neue Bedrohung aus den Tiefen der Unterwelt: der Tunnelgräber. Was für den Kinogänger die letzten Sekunden dieses rasanten Action-Streifens bedeutete, bringt THQ nun auf die Fernseh- und PC-Schirme und gibt dem Spieler die Gelegenheit, hautnah die Geschichte der Unglaublichen zu erleben und fortzuschreiben.

Unglaubliche Dinge geschehen

Was wie ein Aufhänger für einen möglichen zweiten "Die Unglaublichen"-Film aussah, entpuppt sich nun als Storylieferant für ein weiteres PC- und Konsolenspiel. Zum Einstieg serviert THQ nochmals die letzten Filmsekunden mit dem Auftauchen des Tunnelgräbers und der beherzten Reaktion der unglaublichen Familie. Heldenmutig nimmt Mr. Incredible die Verfolgung des Tunnelgräbers im Untergrund auf, während der Rest der Familie versucht, das Chaos an der Oberfläche in den Griff zu bekommen. Und da zwei Helden bekanntlich mehr Spaß haben als einer allein, wird Mr. Incredible von seinem besten Freund Frozone begleitet.

"Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" ist ein reinrassiger Konsolen-Actiontitel und wirkt, wie so viele seiner Art, auf dem PC deplatziert und weiß die Möglichkeiten einer Steuerung mit Maus und Tastatur nicht adäquat umzusetzen. Sowohl Frozone als auch Mr. Incredible besitzen nur wenige Bewegungsabläufe. Kampf- und Spezialaktionen werden über Kombination von einer oder zwei Tasten realisiert. Der Spieler steuert jeweils eine der beiden Figuren, die andere kämpft, so gut es geht, automatisch, ist aber für grundlegende Befehle wie ‚dicht folgen’, ‚stehen bleiben’ etc. empfänglich. Je nach Gegnertyp oder Hindernis kann zwischen den beiden Helden gewechselt werden, so ist es möglich das Frozone gegnerische Geschosse einfriert, die Mr. Incredible dann postwendend dem Absender zukommen lässt. Diese Art von Teamwork klappt auch allein recht gut, hier offenbart sich aber der Hang zum Mehr- respektive Zweispieler-Modus, in dem die Verfolgungsjagd gleich doppelt Spaß bringt.

Natürlich ist die Verbrecher-Hatz nicht reiner Selbstzweck, sondern vor allem eine willkommene Trainingseinheit für die beiden Helden. Jeder besiegte Gegner bringt Punkte, die dann auf die allgemeine Konstitution, die Schlagkraft oder die Spezialfähigkeiten verteilt werden können, um gleich noch mal so kräftig hinlangen zu können. Unglaublich und auch wohl bekannt sind die Spezialattacken der beiden. Frozone lässt Gegner mühelos zu Eissäulen erstarren, schliddert ihnen auf Eisstrahlen entgegen oder überwindet Hindernisse mit einer Brücke aus funkelndem Eis. Mr. Incredible hingegen ist eher der Mann fürs Grobe. Einzelne Gegner werden mit einem kräftigen Schlag aus dem Weg geräumt, Gruppen mit dem berüchtigten Incredi-Slam’ ins Straucheln gebracht. Versperrt eine Tür den Durchgang, ist er mit seinen Kräften zur Stelle, um das Hindernis anzuheben oder zu zertrümmern.

Leider ist "Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" nicht nur ziemlich kurz, sondern auch - dies gilt hauptsächlich für Einzelkämpfer - wenig motivierend. Nach geraumer Zeit beginnen die anfangs noch flotten Sprüche der beiden gehörig zu nerven, die anstürmenden Gegnerhorden lassen ein wenig die Abwechslung vermissen und unter Tage sieht irgendwie auch alles gleich aus. Leider bietet das Spiel keine Gelegenheit, den Rest der Unglaublichen ins Geschehen eingreifen zu lassen, die Familie taucht nur hin und wieder in Zwischensequenzen auf, dann sind Mr. Incredible und Frozone wieder auf sich gestellt. Hier hätten weitere Heldenkombinationen, gepaart mit neuen Herausforderungen, ein Plus an Spannung und Abwechslung bedeutet, was dem Spiel gut getan hätte. Sicher, die Fähigkeiten der verschiedenen Helden und die auftretenden Hindernisse an das Kooperationskonzept des Spiels anzupassen, hätte einiges an Mehraufwand bedeutet, wäre dem Langzeitspaß aber sehr zuträglich gewesen. So bleibt der fade Beigeschmack eines handwerklich durchaus anständig gemachten Titels, dessen Potenzial aber größtenteils ungenutzt bleibt.

Mit einem menschlichen Mitspieler ändert sich das Bild allerdings. Nicht, dass sich in Story oder Spieltiefe irgendetwas verbessern würde, doch das Zusammenspiel der beiden Helden ist recht amüsant und durchaus unterhaltend. Mit etwas Geschick lassen sich filmreife Kombinationen hinlegen, der eine bereitet den Gegner vor, der andere gibt ihm den Rest. Da sich beide Spieler denselben Schirm teilen, gibt es natürlich Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit: So können sich die beiden Helden nie sonderlich weit voneinander entfernen, bleibt der eine stehen, kann auch der andere nicht weiter. Doch das ist wohl auch nicht Sinn der Sache. Der ohnehin schon schwache Schwierigkeitsgrad stellt für zwei menschliche Spieler dann allerdings kaum noch Herausforderungen bereit, das Hauptaugenmerk liegt letztendlich im freudigen Zusammenspiel von Frozone und Mr. Incredible auf der Jagd nach dem Tunnelgräber. Was im Einzelspieler Schwäche ist, verliert zu zweit rasch an Bedeutung: Eine tiefschürfende Geschichte und detailliert ausgearbeitete Spielcharaktere sind im Multiplayer meist hinderlich, die schnelle Action steht im Vordergrund und hier kann "Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" punkten.

Unglaubliche Aussichten

Grafisch ist "Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" nicht auf der Höhe der Zeit - sichtlich ein Zugeständnis an die Kompatibilität zur Konsolenwelt. Vor allem zu Beginn wirken die Texturen etwas verwaschen und können keineswegs mit der Optik des Films mithalten, auch wenn dieser Vergleich sicher etwas unfair wäre. Dafür machen die beiden Helden einiges wett. Die Bewegungen beim Laufen, Kämpfen und den Spezialaktionen sind flüssig und lassen wenig zu wünschen übrig, auch die Qualität der Modelle ist tadellos. Unter Tage taucht die spärliche Beleuchtung manches in gnädige Dunkelheit, die Schwächen der Texturierung sind hier nicht mehr so stark sichtbar und im rasanten Kampf fehlt letzten Endes ohnehin die Zeit für Sightseeing - schließlich gilt es, die Welt vor dem Tunnelgräber und seinen Schergen zu bewahren.

Unglaubliche Töne

So recht überzeugend ist es nicht, was "Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" aus den Boxen schallen lässt. Die musikalische Begleitung ist eher seicht und plätschert beliebig vor sich hin. Zudem wirken die Stimmen der Helden immer merkwürdig weit weg, während der Tunnelgräber besonders im Menü mit donnernder Stimme aus den Boxen dröhnt. Eine bessere Anpassung der Pegel in Spiel und Menü wäre wünschenswert gewesen, so wird ein schneller Wechsel ins Spielmenü bald zur schmerzlichen Erfahrung, da wirklich jeder Menüpunkt vom Tunnelgräber gesondert kommentiert wird. Die Späße von Frozone und Mr. Incredible mögen anfangs noch halbwegs amüsant sein, den stetig sinkenden Spielspaß können auch sie nicht wieder herzaubern.

"Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" kann nur mangelhaft verhehlen, eigentlich ein Spiel für den Kooperativen Modus, insbesondere auf der Konsole zu sein. Für eine packende Einzelspieler-Kampagne ist die Story einfach zu dünn, der Schwierigkeitsgrad zu niedrig und das Spiel insgesamt zu wenig abwechslungsreich. Sowohl in der grafischen Darstellung als auch in Schwierigkeitsgrad und Story richtet sich das Spiel vor allem an Einsteiger oder jüngere Spieler, erfahrenen Spielern kann "Die Unglaublichen - Der Angriff des Tunnelgräbers" in Schwierigkeit und Dauer nicht viel bieten. Zu zweit an Tastatur oder Controller kann das Spiel aber durchaus für einige kurzweilige Stunden sorgen, vor allem das Zusammenspiel der beiden Helden und ihrer Spezialfähigkeiten motiviert ungemein. Wer also ein Spiel sucht, das ohne viel Gerede konsequenten Spielspaß für zwei bietet, kann bedenkenlos zugreifen.

(07.01.2006)

Entwickler: Heavy Iron Studios
Publisher: THQ
Genre: Action
Releasedate: bereits erschienen
Homepage: Die Unglaublichen
Preis: 24,99 EUR
Altersfreigabe: freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

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