Metal Gear Rising: Revengeance

Metal Gear Rising: Revengeance (PS3)

(Konami)

geschrieben von Witali Blum

 

     
 

Fans der "Metal Gear Solid"-Reihe können beruhigt aufatmen, denn der epische vierte Teil "Guns of the Patriots" war nicht das Ende der Fahnenstange. Im Nachfolger namens "The Phantom Pain" holen Spieleentwickler unter der Leitung von Hideo Kojima den altbekannten Helden "Solid Snake" aus dem Ruhestand auf den Computerbildschirm zurück. Ehe dieser Titel fertig wird, können die Spieler die Wartezeit mit einem anderen Werk überbrücken, das ebenfalls Elemente des MGS-Universums enthält. "Metal Gear Rising: Revengeance" stellt den Protagonisten Raiden aus "Sons of Liberty" in den Vordergrund und verabschiedet sich gleichzeitig zum großen Teil vom Schleichaction-Genre. Das folgende Review zeigt, welcher Bösewicht dieses Mal den Weltfrieden bedroht und vor allem mit welchen Mitteln der ehemalige Partner von Solid Snake seinen Widersachern entgegentritt.

Auf Messers Schneide

In "Revengeance" erfährt der Spieler, dass nach der Modifikation von Soldaten durch Nanomaschinen sowie Gentechnologie, wie es in "Gun of the Patriots" der Fall gewesen ist, nun Cyborgs die moderne Kriegsführung dominieren. Die Erfahrung von vormals verkrüppelten Veteranen wird dank modernster Kybernetik weitergenutzt, indem die Soldaten eine Ganzkörperumwandlung erfahren, die sie stärker, schneller und vor allem tödlicher macht als je zuvor. Raiden, der Protagonist dieses Titels, gehört selbst auch zu den Maschinenkriegern, denn die Experimente der "Patriots" haben seinen ursprünglichen Körper derartig zerstört, dass er nun auf eine Ganzkörperprothese angewiesen ist.

Die mächtigen, privaten Militärunternehmen aus dem Vorgänger sind zwar in kleinere Sicherheitsfirmen zerschlagen worden, doch das Gesamtkonzept, mit künstlich angeheizten Konflikten in Krisenherden wie Afrika oder dem Nahen Osten viel Geld verdienen zu wollen, besteht noch immer. Raiden versucht seiner Vergangenheit als "Jack the Ripper" des Krieges – gemeint ist natürlich nicht der historische Serienkiller aus dem Neunzehnten Jahrhundert – zu entkommen, indem er als gutbezahlter Bodyguard für ein Unternehmen arbeitet, das hauptsächlich wichtige Persönlichkeiten schützt, die versuchen, Gerechtigkeit und Frieden in der Dritten Welt einkehren zu lassen. Da nicht alle Fraktionen an Frieden interessiert sind, ist der Held gezwungen Terroristen mit tödlicher Gewalt aufzuhalten, damit seine Schutzbefohlenen Zeit haben, sich in Sicherheit zu bringen.

Die Ereignisse überschlagen sich, als Raiden auf einer Routinemission den Präsidenten eines afrikanischen Landes beschützen soll, dem im Gegensatz zu seinen Vorgängern viel am Wohl seiner Bürger gelegen ist. Cyborgs mit einem nichtidentifizierten Zugehörigkeitssignal greifen den Konvoi des Staatsoberhaupts an. Während der Held mit seinem Hochfrequenzschwert aus den Angreifern ein Frikassee schnetzelt, versucht die Limousine mit dem Klienten zu fliehen. Es sieht alles gut aus, doch plötzlich taucht ein riesiger Kampfmech – Metal Gear RAY – auf und überwältigt die verbündeten Sicherheitskräfte. Raiden, der den Schauplatz des Geschehens gerade noch rechtzeitig erreicht, stellt sich furchtlos diesem mächtigen Ungetüm. Bleibt nur noch die Frage, ob er überhaupt eine Chance hat, als Sieger aus diesem Kampf hervorzugehen.

Racheengel

"Metal Gear Rising: Revengeance" versetzt den Spieler in die Gestalt des Cybersoldaten Raiden, dessen Finesse im Schwertkampf sowie sein lautloser Maschinenkörper ihn eigentlich für die Rolle eines heimlichen Killers prädestinieren sollten. Stattdessen erinnert das Gameplay dieses Titels an die "Devil May Cry"-Reihe, denn bis auf einige Ausnahmen bewegt sich der Protagonist von einer abgeschlossenen Kampfarena zur nächsten. Er muss alle Gegner erledigen, um weiter voranschreiten zu können und darf nur selten Gefechten ausweichen, indem er sich zum Beispiel wie sein Vorbild "Solid Snake" in einem Karton versteckt. Umso mehr machen hier die Kämpfe Spaß, denn neben zahlreichen, spektakulären Schlagkombinationen gibt es einen Schwertkampfmodus, in dem die Reflexe des Helden auf Hochtouren laufen. Er nimmt währenddessen die Zeit verlangsamt wahr und kann in aller Ruhe seine Opponenten zu Kleinholz verarbeiten.

Der Reflex-Booster verbraucht jedoch viel Energie, die erst aufgefüllt wird, wenn Raiden andere Cyborgs mit seiner Klinge malträtiert und ihnen so Elektrolytflüssigkeit absaugt. Der Held kann seine Batterien auch auf einen Schlag aufladen, wenn er im Schwertkampfmodus über ein eingeblendetes Quadrat schneidet, den Feind auf diese Weise zweiteilt und dessen Wirbelsäule auf Tastendruck rausreißt. Diese Technik heißt "Zandatsu" und bedeutet "Schneiden und Nehmen". Da die extrahierte Wirbelsäule einen großen Vorrat an Nano-Reparatur-Bots enthält, wird zusätzlich zur Aufladung der Körper des Protagonisten vollständig repariert. Auf diese Weise kann Raiden die im Spiel rar gesäten Heilrationen sparen und sie bei anderen Gelegenheiten, wie etwa den fordernden Bosskämpfen, sinnvoll einsetzen.

Eine andere energiefressende Technik aus dem Repertoire des Helden ist der sogenannte Ninja-Lauf. Dabei setzt Raiden zu einem Sprint an und überwindet mit akrobatischen Einlagen automatisch Hindernisse, die auf seinem Pfad auftauchen. So kann der Protagonist nicht nur schnell die Distanz zu Fernkämpfern überwinden, um sie in einen Nahkampf zu verwickeln, sondern auch besonders mächtigen Attacken ausweichen. Alternativ ist es möglich, viele Angriffe zu parieren, indem man den linken Analogstick des PS3-Controllers in Richtung des bevorstehenden Schlags lenkt und gleichzeitig selbst einen schnellen Hieb ausführt. Sehr oft wird richtiges Timing mit einem Konter belohnt, der Raiden in den für seine Feinde tödlichen Schwertmodus versetzt. Anfänger dürfen sich übrigens beim Blocken durch eine Verteidigungsautomatik helfen lassen, sofern sie auf dem "einfachen" Schwierigkeitsgrad spielen.

Natürlich gibt es trotz des linearen sowie modularen Levelaufbaus zahlreiche Items zu entdecken, die nicht unbedingt auf den ersten Blick sichtbar sind. Dazu zählen unter anderem Heilrationen oder Ausdauer-Verbesserungen für Raidens Cyberkörper. Diese Gegenstände sind oft in Kisten versteckt, die leicht übersehen werden können. Zum Glück hat der Held einen alternativen Sichtmodus, der die meisten Extras selbst durch die dicksten Wände hindurch erkennbar macht. Praktischerweise sieht man damit auch Feinde. Während manche zuvor erwähnten Gegenstände oder Sekundärwaffen wie beispielsweise ein Raketenwerfer irgendwo gefunden werden können, gibt es Sammelobjekte, von denen sich feindliche Cyborgs im wahrsten Sinne des Wortes schwer trennen können – ihre linke Hand. Manche Kommando-Einheiten haben darin nämlich einen Chip eingebaut, der für einen von Raidens Arbeitskollegen wertvolle Informationen enthält. So muss der Held vorsichtig das entsprechende Glied amputieren, ehe er seiner Zerstörungswut freien Lauf lassen kann.

Spätestens nach dem ersten Kampf wird klar, dass Heimlichkeit in "Revengeance" unerwünscht ist, denn der Protagonist erhält für seine ausgefochtenen Kämpfe eine Bewertung, die davon abhängt, wie schnell er seine Feinde erledigt und wie wenig Schaden er dabei einsteckt. Da Schleichen oder Guerilla-Taktik – besser bekannt als Hit'n'Run – viel Zeit erfordert, kann man dieses Vorgehen wegen des ersten Bewertungskriteriums vergessen. Nur geschicktes Parieren sowie darauf folgendes tödliches Kontern ermöglichen es, den Höchstrang "S" zu erreichen und dabei zwischen fünf bis zehntausend Kampfpunkten einzusacken. Die erwähnten Boni ermöglichen dem Spieler, neue Angriffsfertigkeiten, Cyberverbesserungen, Kostüme sowie Waffenupgrades freizuschalten, die diesen Titel noch abwechslungsreicher machen.

Die größten Highlights sind ohne Zweifel die Bosskämpfe, weil sie Raiden mit würdigen, charismatischen Opponenten, die einzigartige Kampffertigkeiten besitzen, konfrontieren. Der Spieler ist stets aufs Neue gefordert, die Schwachstellen in der Verteidigung der scheinbar übermächtigen Gegner zu finden. Sobald ein Boss stark genug verletzt worden ist, kommt es genretypisch zu einem Quicktime-Ereignis, bei dem man schnell die eingeblendeten Tasten drücken muss, um den bösen Schurken hinzurichten. Andernfalls zieht sich der Kampf unnötig in die Länge und verschlechtert den Rang in der Bewertung. Darüber hinaus erlangt der Held nach einem erfolgreich bestrittenen Bosskampf die Hauptwaffe des besiegten Endgegners, die sich hervorragend mit seiner eigener Hochfrequenzklinge kombinieren lässt.

Leider gibt es an "Metal Gear Rising: Revengeance" einen großen Kritikpunkt – nämlich die ungewöhnlich kurze Spielzeit. Selbst wenn alle Zwischensequenzen in voller Länge anschaut und nahezu alle versteckten Extras gesucht werden, sieht man spätestens nach acht Stunden den finalen Abspann. Es ist zwar möglich, den Titel auf einem höheren freigeschalteten Schwierigkeitsgrad erneut zu bestreiten, doch da alle Levels gleich aussehen, macht dies nur bedingt Spaß. Ein paar Stunden mehr an aktiver Spielzeit hätten "Revengeance" gut getan.

Radar

Bei der optischen Präsentation von "Metal Gear Rising" legen die Entwickler scheinbar großen Wert auf die Hauptfiguren des Spiels, denn sowohl Raiden als auch die Endbosse erstrahlen in glänzender HD-Grafik und begeistern durch einzigartiges Charakterdesign. Dasselbe kann man von den Standard-Gegnern leider nicht behaupten, denn die meisten Cybersöldner sehen nahezu identisch aus und unterscheiden sich optisch lediglich in ihrer Klasse als Nah- oder Fernkämpfer. Besonders bemerkenswert an "Revengeance" ist die Möglichkeit, nicht nur Feinde, sondern auch die meisten Levelobjekte wie Pfeiler, Bäume sowie einige nichttragende Wände zu zerschneiden. Das hat zwar keine Auswirkungen auf die Geschichte, macht aber trotzdem viel Spaß. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass dieser Titel nur für Erwachsene geeignet ist, weil die Waffenwahl des Helden – ein Schwert – sowie die realistischen Tötungsanimationen wie beispielsweise Enthauptungen, ein ziemlich blutiges Spektakel auf dem Bildschirm zeigen.

Sonar

Passend zu Raidens aggressivem Kampfstil wird "Metal Gear Rising" von action-lastiger, elektronischer Musik begleitet, die vor allem während der Bosskämpfe die Pulsfrequenz hochtreibt. Leider ist die Sprachausgabe in den Zwischensequenzen entweder auf Englisch oder Japanisch gehalten, sodass Deutsche sich oftmals mit dem Lesen der eingeblendeten Untertitel begnügen müssen. Dennoch kommt man nicht umhin, die Kunstfertigkeit der Synchronsprecher zu bewundern, die den Charakteren ihre Persönlichkeiten einhauchen.

   

Fazit

"Metal Gear Rising: Revengeance" ist kein offizieller Nachfolger des damals bejubelten "Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots". Dafür unterscheidet sich der Titel in zu vielen wesentlichen Punkten, wie etwa: Statt heimlich die feindliche Basis zu infiltrieren, macht der Protagonist lieber wortwörtlich Kleinholz daraus; gefangene oder bewusstlose Gegner gibt es nicht. Meiner bescheidenen Meinung nach tut diese Abwechslung dem "Metal Gear"-Universum ganz gut, denn die kriegsbehaftete Hintergrundgeschichte schreit geradezu nach einem hochgezüchteten Cyberkiller, der ohne Rücksicht auf Verluste die Sau rauslässt. Die Entwickler von Platinum Games haben den letztgenannten Punkt so hervorragend umgesetzt, dass man Raiden auf seinem Rachefeldzug gerne mehr als nur acht Stunden gelenkt hätte. Insgesamt verdient dieses Spiel wie jeder "Metal Gear Solid"-Titel eine Kaufempfehlung. (26.04.2013)


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